Boogie mit vollem Einsatz

Christoph Oeser und Gäste boten ein mitreißendes Konzert

AUF DIE FINGER konnte man Christoph Oeser dank einer Kamera und einer Großbildleinwand schauen. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. „Okay, let’s boogie“ – kurz und knapp gab Christoph Oeser am Samstag die musikalische Richtung der nächsten Stunden vor, setzte sich an sein Klavier und ließ die Finger über die Tasten flitzen.

Oeser warf den Kopf nach hinten, die langen Haare flogen durch die Luft. Schon nach den ersten Nummern tropfte der Schweiß von der Nase. Sein Boogie-Stil ließ an einen Hochleistungssportler denken, so dynamisch und körperbetont bearbeitete er das Klavier. Als Gaststars begrüßte er im ausverkauften Bürgerhaus die Boogie Woogie Company und den Saxophonisten Antal Lakatos.
Als „Shufflekönig vom Niederrhein“ stellt Oeser den Mitbegründer der Kölner Band, Schlagzeuger Karl-Heinz Hoffmeister, vor. Die Mitmusiker quittierten die Ankündigung hinter der Bühne mit Gelächter. „Das zeigt, wie lieb wir uns alle haben“, kommentierte Oeser die Szene unaufgeregt. Seit 50 Jahren ist die Boogie Woogie Company unterwegs und auf Tour so eingespielt wie ein altes Ehepaar. Neben Hoffmeister ist Sänger und Gitarrist Ali Claudi von der ersten Stunde an dabei. Bassist Paul G. Ulrich spielt sei 25 Jahren in der Formation. Genauso lange sitzt Oeser schon am Klavier der Boogie Woogie Company. Man kennt und schätzt sich, versteht sich blind.
Im Bürgerhaus konnte Oesers rasantes Spiel genau verfolgt werden. Schräg über ihm fing eine Kamera jede Bewegung ein und übertrug sie auf eine große Leinwand. Im Zusammenspiel mit den anderen Musikern reichte ein Blick, und Oeser legte an Tempo zu, oder nahm sich für ein Solo der anderen zurück. Jazz, Gospel und Blues-Elemente wurden in den traditionellen Boogie-Woogie-Stil eingebaut. Interessante Akzente setzte Lakatos, den Oeser nach der Pause als Mitglied einer 200 Jahre alten Musikerdynastie und einen der weltbesten Saxophonisten vorstellte.
Neben Eigenkompositionen von Oeser und einem Stück von George Gershwin gab es auch den „Subway Special Boogie“ von Leo von Knobelsdorff zu hören, mit dem die Musiker an den ersten Pianisten der Boogie Woogie Company erinnerten, dessen Nachfolge Oeser einst antrat. Er verstarb im letzten Jahr.
Auch Kulturamtsleiter Ralf Baitinger musste für einen Auftritt auf die Bühne. Anfänglich zierte er sich zwar etwas, nahm dann aber doch neben Christoph Oeser platz. „Das ist meine Revanche dafür, dass ich beim Jubiläumskonzert der Orange Box aufgetreten bin“, erinnerte Oeser an den letzten Auftritt mit Baitinger, der seit 15 Jahren bei dieser Band am Mikrofon steht. Ungeprobt spielten die beiden einen Boogie für zwanzig Finger.
Mit langem Applaus feierte das Publikum nach mehr als drei Stunden das große Boogie-Feuerwerk. In zwei Jahren steht die zehnte Auflage von Oesers Konzertabend an, und wie er kürzlich auf einer Pressekonferenz ankündigte, würde er 2016 am liebsten über zwei Tage den Boogie-Woogie nach Mörfelden-Walldorf holen.
Vielleicht geht dann auch endlich ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Weil Christoph Oeser es Jahr für Jahr schafft, Weltklassemusiker einzuladen, wartet er darauf, dass ein Übertragungswagen seinen Weg zum Bürgerhaus findet und das Konzert fürs Fernsehen aufzeichnet. Der zehnte Geburtstag der Boogie-Woogie-Night wäre dafür ein würdiger Anlass. (seb)

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