Bodo Kolbe spielt „de Bluus“ im Bürgerhaus Mörfelden

Musiker präsentiert sein Solo-Programm im Live-Stream vor etwa 500 Zuschauern

GOTTVATER DES RIEDBLUES: Bobo Kolbe trat im Bürgerhaus ohne Publikum auf. (Screenshot: Koch)

Mörfelden-Walldorf (ako). Für Musiker und ihre Fans sind die Corona-Zeiten hart. Sie vermissen Konzerte, wo sie miteinander singen und feiern können. Doch die moderne Technik macht es immerhin möglich, dass nicht ganz auf Auftritte verzichtet werden muss.

In Zusammenarbeit mit Event-Techniker Rene Papp (Ton), Joachim Sonnabend und Sebastian Greiner (beide Streaming) hat das Sport- und Kulturamt der Stadt Mörfelden-Walldorf und dessen Leiter Ralf Baitinger binnen kurzer Zeit ein neues Kulturprogramm in Zeiten von Corona auf die Beine gestellt. Dieses kann jeden Mittwoch ab 18 Uhr an den Bildschirmen in hoher Übertragungsqualität über „Livestream.Watch“ verfolgt werden. 

„Gottvater des Riedblues“ mit südhessischem Witz

Hierbei treten unterschiedliche Interpreten im Bürgerhaus Mörfelden auf. „Wir achten darauf, dass wir eine möglichst große Bandbreite abdecken“, so Baitinger. Auf den Auftritt von Grammy-Preisträger Ivan Santos und dessen südamerikanische Rhythmen vor zwei Wochen folgte vergangene Woche Lokalmatador Bodo Kolbe aus Mörfelden, der „Gottvater des Riedblues“. Kolbe zeigte sein Können an verschiedenen Instrumenten und erfreute sein Publikum mit seinen Liedern und viel südhessischem Witz. „Wir hatten durchgängig rund 150 Streams, das entspricht etwa 500 Zuschauern“, sagte Baitinger erfreut. Er bildet zusammen mit Bodo Kolbe und Fred Kraus das Trio „Handkäs mit Orange“. Das Trio wagt vielleicht bald ein besonderes Experiment im Rahmen des städtischen Kulturprogramms: Ein Konzert zu dritt, das live an den Bildschirmen verfolgt werden kann, wobei sich die Musiker in unterschiedlichen Räumen befinden. 

"Ich vermisse die Zuschauer und den Applaus"

Kolbe präsentierte ein Solo-Programm mit Liedern, die nicht von „Handkäs mit Orange“ gespielt werden. Eine Ausnahme war das erste Lied. „Mer speele de Bluus“ hat nicht nur Bodo Kolbe bekannt gemacht, sondern gehört auch zum festen Bestandteil der Auftritte von „Handkäs mit Orange“. Kolbe erzählte, wie das Lied entstand, nämlich auf einer langen Autofahrt. „Mer kumme ned vum Mississibbi. Mer kumme aus ‘em Ried.“ Von Beginn an erläuterte der Musiker die Hintergründe der gespielten Lieder. Hierbei ließ er auch biografische Geschichten einfließen, insbesondere aus seiner Schulzeit in den 1950er-Jahren. Hierbei verband Kolbe zeitkritische Töne mit hessischem Mutterwitz. Er führte aus, dass es seiner Meinung nach in den 1950er-Jahren viel zu wenig freche Lieder und Filme gab, welche die damalige Gesellschaft aufs Korn nahmen. Eine aus seiner Sicht rühmliche Ausnahme war die Literaturverfilmung „Wir Wunderkinder“ von 1958 mit Hansjörg Felmy in der Hauptrolle. Dieser spielte einen anständigen Menschen, der stets um seine Existenz bangen musste, während sein dreister und opportunistischer Klassenkamerad in jedem System Karriere machte, ob nun in der NS-Diktatur oder im Nachkriegsdeutschland. Kolbe sang das ironische Lied „Jetzt kommt das Wirtschaftswunder“ von Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, das durch den Film zum Hit wurde. Auch bei seinen eigenen Liedern, die Kolbe überwiegend in den 1970er- und 1980er-Jahren geschrieben hat, ließ der Musiker Humor einfließen, so bei der „Ballade von Willibald Schmidt“.
Nach seinem Auftritt sagte Kolbe: „Ohne Publikum vor Ort ist mental sehr anstrengend. Ich vermisse die Zuschauer und den Applaus oder generell eine Reaktion. Gleichzeitig bin ich aber dankbar für die Möglichkeit, im Moment überhaupt auftreten und Musik machen zu können.“

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