Das Baumsterben um Mörfelden-Walldorf geht weiter

Trockenheit, Pilze und Wasserstress gefährden massiv die Wälder

WIE STREICHHÖLZER hat das schwere Unwetter am Sonntag vergangener Woche zahlreiche Bäume in und um Mörfelden-Walldorf abgebrochen oder entwurzelt. Das Drohnen-Foto von Leser Bernhard Frölich zeigt An den Eichen in Walldorf eine wahre Schneise der Verwüstung. (Foto: fa)

Mörfelden-Walldorf. Den Wäldern um die Doppelstadt geht es schlecht. Wie schlimm es um den Bestand im Nauheimer und Treburer Gemeindewald, im Stadt- sowie im Staatswald steht, hat der heftige Gewittersturm am Sonntag vor knapp zwei Wochen schonungslos offenbart. Es ist bereits der zweite Sommer hintereinander mit einer lang anhaltenden Trockenperiode, dazu kommen Pilzbefall und Wasserstress, die den Bäumen enorm zu schaffen machen. So sehr, dass zahlreiche Buchen, Eichen, Kiefern und Douglasien absterben. Von Dirk Beutel

Unwetter verschärfte das Ausmaß

Mittlerweile hat die hessische Landesregierung reagiert und einen Zwölf-Punkte-Plan vorgestellt, der unter anderem vorsieht, dass zur Wiederaufforstung hessischer Wälder bis 2023 rund 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Ob und inwieweit diese Bemühungen tatsächlich Früchte tragen werden, vermag Klaus Velbecker, Leiter des Forstamtes Groß-Gerau, für seinen Zuständigkeitsbereich nicht einzuschätzen: „Das kann man erst im Nachhinein betrachten.“ Denn das Ausmaß des Waldsterbens um Mörfelden-Walldorf wurde durch das jüngste Unwetter zusätzlich verschärft. „Wir haben enorme Schäden über alle Baumarten und Altersgruppen hinweg“, erklärt Velbecker.

Gerechnet wird mit einem Verlust von etwa einem Drittel des Waldbestandes

Selbst Eichen mit einem Umfang von 70 Zentimetern seien in sechs Metern Höhe einfach abgebrochen. „Daran erkennt man, welche massiven Kräfte der Wind hatte“, sagt Velbecker. Wie dramatisch das Baumsterben durch die anhaltende Trockenheit und den Sturm ist, lässt sich nur schwer einschätzen. Velbecker rechnet mit einem Verlust von etwa einem Drittel des Waldbestandes. Für den Laien sei die dramatische Situation nicht gleich offenkundig. „Waldbesucher entdecken am Boden immer noch viel Grün, doch das Sterben eines Baumes erkennt man zuerst an seiner Krone“, erklärt Velbecker. Wenn dort das Laub braun und vertrocknet ist, leidet der betroffene Baum bereits unter Wasserstress. Das bedeutet, der Energieaufwand, um Wasser aus dem Erdreich bis nach oben in die Krone zu transportieren, wird zu groß. Die Folge: „Der Baum reduziert selbst die eigene Wasserversorgung auf den unteren Bereich.“ Dadurch werden die Bäume jedoch zu einem leichten Ziel für diverse Pilzarten, die den Verfall weiter verstärken. Velbecker: „Da ist dann nichts mehr zu machen. Das sind stehende Bäume, die eigentlich schon tot sind.“

Schnellschuss beim Wiederaufforsten ist nicht möglich

Im Gegensatz dazu sei das Problem mit Borkenkäfern kaum mehr vorhanden. „Die Schädlinge befallen vor allem Fichten, von denen bei uns nur noch einige wenige da sind“, sagt Velbecker. Er und seine Mitarbeiter sind immer noch dabei, die Wege in den umliegenden Wäldern wieder passierbar und verkehrssicher zu machen. „Es gab keinen Weg, der nicht von Windbruch betroffen ist“, sagt Velbecker und betont das immer noch vorhandene Risiko eines Waldbesuchs: „Der Wald ist momentan nicht ohne Gefahr zu betreten.“
Auf alle Fälle wird es mindestens bis Ende des Jahres, wahrscheinlich sogar das komplette Jahr 2020 dauern, bis wirklich alle abgestorbenen Bäume abgearbeitet wurden. Eine langwierige Aufgabe. Erst dann lässt sich in etwa einschätzen, wo und wie groß der Bedarf einer Wiederaufforstung wirklich ist. „Das geschieht zeitlich versetzt und wird entspannt ablaufen, zumal die Natur von selbst manches übernimmt“, erklärt Velbecker. Ohnehin sei ein Schnellschuss beim Wiederaufforsten gar nicht möglich, da Baumschulen meist nur einen bestimmten Standard vorrätig haben. „Der Bedarf ist aber derzeit so hoch, dass wir bis zu vier Jahre auf die Pflanzen warten müssten, wenn wir jetzt sofort bestellen würden“, sagt Velbecker.

Lesen Sie außerdem:

Trockenheit im Mönchbruch: 20 Prozent der Nadelbäume sterben ab

Noch keine Bewertungen vorhanden

HerunterladenQR Code URL: https://www.freitags-anzeiger.de/35672


X