Angriff auf die Lachmuskeln

Dazu jede Menge Glitzer, Funkel, Heiterkeit bei der Kostümsitzung der Buschspatzen

BÜHNE FREI, SCHIRME HOCH: Laut Wettervorhersage der Rittergarde kommt der nächste Regen ganz gewiss. (Foto: C. Erlenbach)

Mörfelden-Walldorf (tami). Es war ein Tollhaus der Superlative: Das Gastspiel auf der närrischen Rostra der Buschspatzen in Walldorf dürfte dem Sänger, Songwriter und Comedian Andy Ost sowie seinem Publikum im Gedächtnis bleiben.

Eigentlich wollte er sein Programm abspulen, aber ein Lachkrampf des Auditoriums jagte den nächsten und steckte Ost schließlich an. Trotz vieler Ansätze kam er vor lauter Lachen nicht über das kehlige „Öööö“ zum Auftakt eines Liedes von Udo Lindenberg hinaus, den er imitieren wollte. „Auf euch war ich nicht gefasst“, schleuderte er ins Publikum. Er empfand es als toll, dass bei den Buschspatzen Lachgas buchbar sei. Ihren Höhepunkt erreichte Osts Auftritt, als er wegen einer technischen Störung im Headset am Klavier plötzlich ein Mikrofon gereicht bekam und ein weiterer Techniker dann von hinten an der Hose des Künstlers fummelte, weil er den Anschluss des Headsets in Ordnung bringen wollte. Da jedoch war Osts Zeitfenster ausgereizt und er musste weiter zum nächsten Auftritt. Diese spontanen Einlagen übertrumpften den Inhalt der geplanten Show gewiss um Längen. Ost gab zu, dass dieser Auftritt ihm lange in Erinnerung bleiben werde. „Von euch träume ich heute Nacht.“

Ausgelassene Stimmung, viele Raketen, Uiuiuis und Auauaus

Der Abend mit mehr als 20 Programmpunkten unter dem Motto „Glitzer, Funkel, Heiterkeit, der Buschspatz glänzt zur Fastnachtszeit“ lebte von ausgelassener Stimmung, vielen Raketen, Uiuiuis und Auauaus, Getrommel auf den Tischen, Gejohle, Gekreische, Gelächter und stehenden Ovationen nahezu am laufenden Band. Unter tosendem Applaus kniete Sitzungspräsident trotz seines XXL-Formats unter erschwerten Bedingungen sogar auf der Bühne nieder, um aus den Händen von Prinzessin Elke I. und ihrem Begleiter, Prinz Norbert I., von einem Geldinstitut dessen Orden zu empfangen.
Im mit 260 Plätzen ausverkauften Vereinsheim der Sport- und Kulturgemeinschaft (SKG) gab Jan Körner als neuer Protokoller und Nachfolger von Horst Schäfer ein bravouröses Debüt. Trotz starker Erkältung wetterte Körner ohne Versprecher und Haspeler mit gnadenlosen Seitenhieben gegen die Politik der Großen in der Welt wie Trump und Putin, aber auch im Land, im Kreis sowie die kleinen in der Kommunalpolitik. Dort möge man sich um die verrosteten Kreisel im Stadtteil kümmern – und: „Wäre das Dach der Stadthalle vor dem Sturm repariert worden, wäre der Schaden gar nicht erst entstanden.“ In Walldorf funktioniere die Politik wenigstens zeitweise. Davon zeuge der Verzicht auf die Zusammenlegung der zwei Feu-erwehren in der Doppelstadt. Die tobenden, verkleideten, aber auch mit Larven maskierten Zuhörer stimmten dem Protokollanten mit der ersten Rakete des Abends zu.

Einen weiteren Höhepunkt boten die bunt bemalten Bembeljeescher aus Rüsselsheim. Ihre fetzige und leicht schräge Guggemusik mit Blasinstrumenten heizte der Narrhalla schon wegen mehrerer Trommler kräftig ein, die kräftig auf die Pauke hieben. Auch Boris Meinzer entlockte als Dummfrager von Radio FFH den Besuchern anhaltende Lachsalven und -tränen. Von einem Band wurden die dümmsten Antworten speziell von Offenbachern auf simple Fragen abgespielt, die man sich nur vorstellen lassen. Ein Brettspiel sei beispielsweise das Bügeln – und mehr Tornados in Deutschland als früher beunruhigen eine Dame nicht. „Nach 52 Jahren Ehe gewöhnt man sich an alles.“ Katzenaugen am Fahrrad sind laut der Audio-Aufzeichnungen somit ebenso ein Fall für den Tierschutz wie Heringe, die für den Aufbau eines Zelts in den Boden geschlagen werden.

Eine durchweg gelungene Kostümsitzung

Bei vielen Tanzeinlagen von der Spätzchen-, Junior- und Ritter-Garde, Solotänzerin Lara Drewes und den Möhnen gab es Forderungen nach Zugaben, aber auch beim Pizzabäcker Ciro Visone. Er hat zum Fleischverkäufer und Restauranttester umgeschult und plauderte aus dem Nähkästchen. Hans-Jürgen Krug erzählte pointiert alte Märchen in modernem Stil. Der Sänger Dieter Meisenzahl ging zum Schwitzen in die Sauna und seine Gesangskollegin Julia Döring heizte der Stimmung mit Gassenhauern der Mainzer Fastnacht ein. Die Walldorfer Scherzbuben mit den beiden Sängern im Breitbandformat, Heinz Schäfer und Patrick Fiederer, setzten den Schlusspunkt unter die durchweg gelungene Kostümsitzung. 
Einen Wermutstropfen jedoch gab es: Das angekündigte Männerballett der Buschspatzen trat nicht auf. Wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren war, haben die Herren wegen Querelen mit dem Vorstand den Verein inzwischen verlassen, und Trainerin Konstanze Drückhammer will nachziehen.

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