Anfangs alle in einer Klasse

Griechische Schüler feiern nach 40 Jahren ein Wiedersehen

Klassentreffen nach 40 Jahren: Die Kinder der ersten griechischen Gastarbeiter feierten ihr Wiedersehen. (Foto: Friedrich)

Mörfelden-Walldorf. Ein Klassentreffen nach vielen Jahrzehnten? Da gibt es meist Überraschungen. Wer ist schon Opa, wer reich geworden und wer hat feiste Pfündchen angesetzt? 

Das Wiedersehen der griechische Klasse von Katharina Theodoridou stand unter einem besonderen Stern. Als sich nach über 40 Jahren rund 50 ehemalige Abc-Schützen mit ihren Lehrern trafen, war dies ein sehr bewegender Moment. „Wir haben alle geweint“, erzählt die muntere Geschäftsfrau – sogar die beiden Lehrer Elefterios Kyzeridis und Elefterios Katerinis vergossen Tränen der Rührung.
Man drehte die Uhr zurück. Erinnerte sich an jene Zeit Ende der 60er Jahre, als Gastarbeiter aus dem europäischen Ausland in den noch unabhängigen Kommunen Mörfelden und Walldorf beruflich Fuß fassten. 
„Erst kamen die Italiener, dann die Spanier, dann wir Griechen. Der erste kam 1958“, berichteten die rund 50 Klassenkameraden, die sich vor der Waldenser-Schule zum Gruppenfoto formierten. Mindestens ebenso quirlig und munter wie 1969. 
Damals stemmte Elefterios Kyzeridis die Herkulesaufgabe, seine Schützlinge zwischen sechs und zwölf Jahren zu unterrichten. Alle in einer Klasse. Mit dem Zug pendelten Kinder aus Mörfelden ein, um an der Wilhelm-Arnoul-Schule Teil der griechischen Klasse zu werden. 
Eigentlich wollte Lehrer Kyzeridis nur seine Verwandten in Kelsterbach besuchen – nun war auch er Arbeitnehmer in Deutschland. „Die Zusammenarbeit mit den Direktoren der Walldorfer Grundschulen war hervorragend“, noch heute sind die beiden Pädagogen voll des Lobes.
Am 1. Januar 1972 übernahm Elefterios Katerinis eine zweite Klasse. Nun war es möglich, die Kleinen bis zur dritten Grundschulklasse separat von den Älteren zu unterrichten. Auf dem Stundenplan standen Mathematik und Religion, Geschichte, Geografie, Sprachunterricht und Kunst. „Wir mussten immer viel malen“, erinnerte sich Elena Siarwarli, die sogar ein Heft aus dieser Zeit aufbewahrt hat. 
Nicht alle griechischen Immigranten sind geblieben. Katharina Theodoridou, Griechin der ersten Generation, hat in Mörfelden ihr Glück gefunden und ist inzwischen Oma. Andere zog es zurück in die alte Heimat. „Wir wollten gerne unser Abitur machen“, und dafür war man in Walldorf nicht gerüstet.
Und das war beim mehrtägigen Klassentreffen der Schulkameraden vielleicht die größte Überraschung: Dass so viele auch von weither angereist kamen, um ein tolles Wiedersehen zu feiern und alte Erinnerungen zu genießen. Und miteinander zu lachen – oder zu weinen. (ula)

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