5,5 Tonnen Stahl schweben ein

Grundgerüst für das Bildungszentrum der Margit-Horváth-Stiftung wird montiert

NOCH SCHWEBT die 5,5 Tonnen schwere Stahlkonstruktion über der KZ-Ausgrabungsstätte, im Wald zwischen Walldorf und Flughafen gelegen. Dann, nach Transport und stundenlangem Vorlauf, konnte die vorgefertigte Front für den Bau des Bildungszentrums eingeschwenkt und montiert werden. Im September möchte die Margit-Horváth-Stiftung die Einweihung des Zentrums begehen. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Müde und ratlose Gesichter gab es am Donnerstag in der Farmstraße zu sehen. Es war gerade fünf Uhr durch, und die Sonne ging langsam auf. Bis hierher war der Schwertransport aus Hanau gut durchgekommen, jetzt machten aber mehrere Lastwagen und ein Reisebus die Weiterfahrt unmöglich. Sie parkten am Straßenrand, was bei den Vorbereitungen nicht richtig bedacht wurde. Nun fehlten knapp 30 Zentimeter, damit die tonnenschwere Stahlkonstruktion für das Bildungszentrum der Margit-Horváth-Stiftung die letzten Meter zur KZ-Ausgrabungsstelle zurücklegen konnte. 

Mühsam mussten dann die Fahrer ausfindig gemacht werden. Knapp drei Stunden sollten vergehen, bis die Straße frei und breit genug war. Langsam schob sich der Schwertransporter in Richtung Ausgrabungsstätte weiter. Es war Millimeterarbeit, sowohl mit dem Transporter, als auch mit dem bereitstehenden Kranwagen. 
Rund 5,5 Tonnen bringt das größte Stahlteil auf die Waage, berichtete Bauingenieur Daniel Pister. Langsam hob es ein Kran zwischen den Bäumen hindurch und setzte es auf dem Sockel ab. Mit einer extra großen Wasserwaage kontrollierten Mitarbeiter des Hanauer Stahlbauunternehmens die Ausrichtung, behutsam bewegte der Kranfahrer die Gebäudefront noch ein klein wenig. Dann saß alles, und das Schweißgerät kam zum Einsatz. Sechs Wochen ist an den einzelnen Teilen gearbeitet worden, in vier Wochen soll daraus das Grundgerüst des Bildungszentrums entstanden sein. Insgesamt sind für die Konstruktion 45 Tonnen Stahl verbaut worden, sagte Pister. 
Das Gebäude der Margit-Horváth-Stiftung kann zukünftig nicht nur für Veranstaltungen und Seminare genutzt werden. Es sichert auch die Ausgrabungsstätte, über die das Bildungszentrum gebaut wird. „Wir gehen dabei sehr vorsichtig vor“, meinte der Bauingenieur. Die aus Beton gegossenen Fundamente sind nicht mit den Resten des KZ-Küchenkellers verbunden, Mauerreste, alte Rohre und andere Ausgrabungsgegenstände sind unverändert erhalten geblieben. Damit während der Bauarbeiten nichts beschädigt wird, kommen in den nächsten Wochen spezielle Gerüste zum Einsatz.
Mit dem Denkmalschutz hatte Daniel Pister zwar schon häufiger zu tun, eine so sensible Baustelle wie auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers ist aber etwas Ungewöhnliches und eher die Ausnahme. „Es ist richtig, dass behutsam gearbeitet wird“, betonte er und verwies auf die Schicksale der hier inhaftierten jüdischen Zwangsarbeiterinnen. Eingesetzt wurden sie 1944 auf dem Frankfurter Flughafen, im freigelegten Keller der Küchenbaracke sind sie damals von Wachleuten brutal geschlagen und misshandelt worden.
Das Bildungszentrum hält die Erinnerung an die Zwangsarbeiterinnen aus Ungarn wach und lässt dafür jederzeit den Blick auf die Ausgrabungsstätte zu. Große Glasfenster werden in die Stahlkonstruktion eingesetzt. Eine Treppe wird in die vor der Witterung geschützten Kellerräume führen. 
In gut zwei Monaten soll alles fertig sein, die feierliche Einweihung plant die Margit-Horváth-Stiftung für den 25. September. Auch eine erste kleine Veranstaltung möchte Vorstandsvorsitzende Cornelia Rühlig noch in diesem Jahr organisieren. Richtig losgehen wird es mit dem Programm aber erst 2017. Da es in dem Bildungszentrum keine richtige Heizungsanlage gibt, sind Veranstaltungen nur während der wärmeren Jahreszeiten vorgesehen. (seb)

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