Wählerinitiative Kelsterbach schickt Christian Hufgard ins Rennen

Bürgermeisterkandidat kritisiert Amtsinhaber Ockel - „Ich trete an, um zu gewinnen“

GRÜNER GLÜCKWUNSCH: Einen Säulenapfelbaum überreichte Stadträtin Annerose Tanke dem Bürgermeisterkandidaten der WIK, Christian Hufgard. (Foto: Scherer)

Kelsterbach (nad). Der Kreis der Kandidaten, die sich um das Bürgermeisteramt bewerben ist gewachsen: Christian Hufgard wird für Wählerinitiative Kelsterbach (WIK) antreten. Der gab sich am Montagabend bei seiner Vorstellung im Feuerreiter-Zimmer kämpferisch und kritisierte Amtsinhaber Manfred Ockel (SPD), aber auch den CDU-Kandidaten Frank Wiegand.

Es ist der zweite Anlauf für Hufgard, denn der 40-jährige IT-Experte war bereits 2014 zur Bürgermeisterwahl angetreten, damals für Die Linke, und hatte am Ende 5,34 Prozent der Stimmen erhalten. Die WIK, die vor sechs Jahren noch den CDU-Kandidaten Daniel Wenzel unterstützt hatte, schickt nun Hufgard ins Rennen, der seit 2017 für die WIK im Stadtparlament und im Bauausschuss sitzt. Die Piratenpartei, in der Hufgard engagiert war, hat er 2018 verlassen.

Zeit für einen Wandel

Wie der WIK-Fraktionsvorsitzende Bruno Zecha betonte, habe man als zweitstärkste Fraktion den Anspruch, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Die letzte Kandidatur eines WIK-Mitglieds liege schon viele Jahre zurück. Die Wahl auf Hufgard sei einstimmig gefallen.
Christian Hufgard, der seit über zehn Jahren in Kelsterbach lebt, sei politisch sehr interessiert und bringe sich ein, lobte Zecha. Nach über 60 Jahren mit SPD-Bürgermeistern sei es einfach Zeit für einen Wandel, sagte Zecha. Blicke man nach Mörfelden-Waldorf, wo mit Thomas Winkler ein Grüner zum Bürgermeister gewählt wurde, und nach Rüsselsheim, wo mit Udo Bausch ein parteiloser Rathauschef regiere, zeige sich, dass es auch ohne die beiden großen Parteien funktioniere. Er finde es gut, dass sich in Kelsterbach bisher drei Kandidaten gefunden haben, denn „Konkurrenz belebt das Geschäft“, so Zecha.
Eine Bedenkzeit über Weihnachten hatte sich Hufgard, der in Würzburg geboren und im Rheinland aufgewachsen ist, nach der Anfrage der WIK Ende 2019 erbeten. Auch mit seiner Frau habe er Rücksprache gehalten und schließlich zugesagt, bei der Wahl anzutreten. Mit der WIK wisse er ein engagiertes Team hinter sich, so der Vater zweier Kinder, der 15 Jahre lang bei Lufthansa-Systems beschäftigt war und 2018 zu The unbelievable Machine Company in Frankfurt wechselte, einem Service Dienstleister für Big Data und Cloud Services. 

Aussagen von Bürgermeister Ockel würden Politikverdrossenheit erzeugen

Den Vorteil gegenüber 2014, wo er als Außenseiter angetreten war, sehe er darin, dass er nun in der Kommunalpolitik aktiv ist und mit seinem gesammelten Wissen gezielter ansetzen könne, sagte Hufgard. „Kelsterbach kann mehr“, lautet der Leitsatz seines Wahlkampfes – bei dem es um einiges gehe. Hufgard kritisierte Bürgermeister Ockel für dessen Aussage beim CDU-Neujahrsempfang, dass es keine Rolle spiele, wer die Wahl gewinne, da viele wichtige Entscheidungen der nächsten Jahre gefallen seien. „So eine Aussage zeugt für mich von einer unglaublichen Arroganz und gleichzeitig von Amtsmüdigkeit“, sagte Hufgard. Solche Aussagen würden Politikverdrossenheit erzeugen und den Eindruck vermitteln, Wahlen wären irrelevant. Wenn es dem Bürgermeister egal sei, solle er am besten gar nicht antreten. „Genauso wie ein CDU-Kandidat, der so einer Aussage nicht aufs schärfste widerspricht, massiv an Glaubwürdigkeit verliert.“
„Ich – und das sage ich klipp und klar – trete an, um zu gewinnen“, betonte Hufgard. Da er keiner Partei angehöre, spiele Parteipolitik für ihn keine Rolle, sondern nur das, was für die Stadt und Bürger wichtig sei. Er wolle sich stärker für den Klimaschutz einsetzen und dafür, dass Kelsterbach bis 2035 klimaneutral sei. Die Stadt müsse hier als eine der reichsten Kommunen Vorreiter sein. Ein Beispiel könnten Förderprogramme für die energetische Sanierung von Wohnhäuser und Gewerbeimmobilien sein. Der CDU und SPD warf Hufgard vor, immer neue Handlungskonzepte zu fordern, statt aktiv zu werden. 

Klimawandel und Stadtentwicklunng als Themen

Beim Thema Stadtentwicklung wolle er die Interessen der Bürger stärker einbeziehen. Aktuell werde die Stadtentwicklung den Interessen von Investoren untergeordnet, wie in der alten Mörfelder Straße, für die der Bebauungsplan geändert werde, damit es einem Investor ins Konzept passe, so Hufgard. Weiter wolle er sich für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus einsetzen, dem Fundament des gesamten Wohnungsmarkts. Weiter wolle er dafür sorgen, dass das Jugendzentrum eine Heimat in der Mitte der Stadt findet. Ein „absoluter Albtraum“ sei für ihn die neue Stadtmitte, vor allem die „Fehlplanung des Verkehrs“. Hier müsse das Ordnungsamt dringend durchgreifen und gegen rücksichtlose Autofahrer vorgehen. Das Thema Digitalisierung würde er „zur Chefsache“ machen, vor allem müsse die Verwaltung zugänglicher für die Bürger werden. „Kelsterbach kann mehr! Aber es braucht hierfür einen Wechsel an der Spitze“, sagte Hufgard.
Um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen, plant der WIK-Kandidat Infostände, aber auch Spaziergänge durch bestimmte Stadtteile. „Auch die Wochenenden und Abende werden dann daran glauben müssen“, betonte Hufgard mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf.

 „Das ist der Anfang vom Ende der CDU“

Glückwünsche für Hufgard gab es von Stadträtin Annerose Tanke, die ihm statt einem Blumenstrauß einen Säulenapfelbaum überreichte. Tanke nannte die Ausführungen von Christoph Harth (SPD) in der jüngsten Parlamentssitzung zum Haushalt eine gute „Steilvorlage“ für die nächste Kommunalwahl. In den Jahren davor habe die SPD immer auf der CDU herumgehackt, nun würden die Christdemokraten plötzlich gelobt. Taktisch sei das klug gewesen, da sich die SPD gut dargestellt habe, die CDU sei dabei aber untergegangen. „Das ist der Anfang vom Ende der CDU“, glaubt die Stadträtin. 
Auf die scharfen Angriffe von Harth Richtung Christian Hufgard und die WIK reagiere man am besten gar nicht, so Tanke. Die seien kindisch gewesen, denn die WIK habe den Haushalt ja nicht torpediert, betonte Tanke – die WIK hatte, bis auf Tanja Mohr (Linke), geschlossen für den Haushalt gestimmt. Sich den schwarzen Peter zuzuschieben, bringe Kelsterbach nicht weiter und sei auch nicht das, was die Bürger wollten.
Fraktionschef Zecha erneuerte seine Kritik an der fehlenden Haushaltskommission, in der alle Fraktionen am Etat mitarbeiten können, und kritisierte die „Klüngelei“ von CDU und SPD. Pressesprecher Jürgen Wälther bedauerte die Ablehnung des WIK-Klimaschutzantrags, der für konkrete Maßnahmen 800 000 Euro in Etat und Investitionsprogramm vorsah. CDU und SPD würden auf die Bremse treten und durch ihren Änderungsantrag die Ursprungsidee verwässern.

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