Tag und Nacht ansprechbar

Tierschützern fehlt es an Einnahmen und einem Fahrzeug für den Tiertransport

GEMEINSAM für den Tierschutz aktiv: Alexander Reuter, Judith Wagner und Gertrud Kühnel (vorne, von links). Unterstützung gibt es von Stadtverordnetenvorsteherin Helga Oehne und Bürgermeister Manfred Ockel (hinten). (Foto: Postl)

Kelsterbach. Es ist kurz vor Mitternacht und bei Judith Wagner brennt noch Licht. Das ist auch gut so, denn vor der Tür stehen zwei Tierfreunde mit einem dicken Igel in einem Korb. „Den haben wir gerade vor der Post am Straßenrand gefunden. Er hat sich nicht mehr bewegt“, berichten sie und wissen das Tier in guten Händen. Für die Vorsitzende des Tierschutzverein ist dies nichts Besonderes. „Ich habe den Igel auf Verletzungen geprüft und nichts gefunden, aber er hat sich halt kaum bewegt“, schilderte sie in der Jahreshauptversammlung des Tierschutzvereins.

Am nächsten Tag nahm der Igel bereits Nahrung an und erholte sich schnell, sodass Judith Wagner ihn in den sichereren Hintertaunus bei Limburg bringen wollte, wohin ihre Tochter ohnehin fahren wollte. „Als ich den Igel am nächsten Tag einpacken wollte, entdeckte ich plötzlich vier Junge in der Kiste – der ganze Plan war dahin“, berichtete Wagner von der Überraschung.
Jetzt hatte sie halt ein paar Pflegetiere mehr. Jungtiere verlangen nach besonderer Aufmerksamkeit, sie müssen alle zwei bis drei Stunden gefüttert werden – auch nachts. „In den Hochzeiten solcher Aktionen wache ich nachts öfters vor Schreck auf und überlege, ob ich auch keinen in irgendeiner Kiste vergessen habe“, erzählte die Vorsitzende. Bis sie dann wieder eingeschlafen ist, klingelt der Wecker für die nächste Fütterungsaktion. So geht das von Mai bis Juli.
159 Vögel, 69 Igel, neun Eichhörnchen und weitere Pflegetiere hat Judith Wager alleine dieses Jahr aufgepäppelt und versorgt. Dazu kamen 17 Entenbabys, zwei Nilgänse und auch zwei Jungfüchse, die in das alte Klärbecken gefallen waren. „Greifvögel bringe ich gleich in die Station nach Frankfurt“, erklärt Wagner.
Dass die Versorgung und ärztliche Betreuung auch Geld kostet, ist ein ganz anderes Problem. Wie Kassenwart Alexander Reuter berichtete, gingen in diesem Jahr sowohl die Spenden als auch die Zuschüsse um jeweils rund 4000 Euro zurück. Auch bei den Vermittlungen war ein Minus von über 1300 Euro zu verzeichnen.
„Unsere Bilanz schließt mit einem Minus von rund 4 500 Euro gegenüber dem Vorjahr ab“, betonte der Kassenwart. Um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, engagieren sich die Mitglieder des Tierschutzverein Kelsterbach bei vielen Vereins- und städtischen Veranstaltungen und sorgen für die Bewirtung der Gäste. So konnten sie im vergangenen Jahr rund 6600 Euro erwirtschaften.
Die finanzielle Situation bereitet auch Bürgermeister Manfred Ockel Sorgen. „Ich denke, der Tierschutztag im Fritz-Treutel-Haus ist auch überregional eine gute Werbung für den Tierschutzverein Kelsterbach, schon deshalb sollten wir diese Veranstaltung nicht einschlafen lassen“, betonte Ockel.
Auch für den Wunsch der Vorsitzenden, ein Fahrzeug für den Tiertransport zu haben, will sich Ockel engagieren. „Es ist nicht immer einfach, ruhig zu bleiben, wenn man einen unbekannten Rottweiler im Genick sitzen hat“, begründete Judith Wagner ihren Wunsch.
Das Fahrzeug könne durchaus einige Kilometer auf dem Buckel haben, es sollte jedoch geräumig sein und eine Abtrennung zur Ladefläche haben, so die Tierschützerin. „Ich denke, dass wir bis zur nächsten Jahreshauptversammlung dieses Problem gelöst haben“, gab sich Manfred Ockel optimistisch. (pos)

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