Stinkt es aus dem Kanalnetz?

Üble Gerüche kommen vielleicht gar nicht aus Sindlingen sondern aus dem Gully

DIE RAUCHFAHNE aus der Klärschlammverbrennungsanlage ist zwar geruchslos, aber weist zumindest darauf hin, in welche Richtung der Gestank der Anlage geweht wird. (Foto: Postl)

Kelsterbach. In letzter Zeit stinkt es den Bürgern wieder mal ganz gewaltig, wie die vielen eingehenden Beschwerden bei der Stadt belegen. Bürgermeister Manfred Ockel reagierte darauf und lud den Leiter der Stadtentwässerung Frankfurt (SEF), Werner Kristeller, zur Berichterstattung in den Bauausschuss ein. Den Fragen der Ausschussmitglieder stellten sich neben Kristeller auch Susanne Schmid, Abteilungsleiterin Abwasserbehandlung, sowie Heike Hauschildt vom Unternehmen Odournet, das für die Stadtentwässerung ein Geruchsgutachten erstellt hatte.

„Wir hatten in den letzten Wochen die umliegenden Kommunen darüber informiert, dass aufgrund der Erneuerung des Biofilters mit einer möglichen Geruchsbelästigung zu rechnen sei – aber wir konnten keine vermehrten Beschwerden feststellen“, sagte der Leiter der Stadtentwässerung Frankfurt. Karl-Heinz Wagner, ehemaliger Oberamtsrat, mochte dieser Feststellung nicht folgen, gehört er doch zu den regelmäßigen Beschwerdeführern gegen die Geruchsbelästigung.
„Ich rufe fast jeden zweiten Tag an, neulich waren die sogar vor meinem Haus, aber leider war da die Wolke schon wieder weg“, bestätigte Wagner.
Dies sei leider ein oft erlebter Fall, so Susanne Schmid, die ebenfalls vor dem Haus in der Waldstraße stand. „Die Leute rufen zwar an, aber auf die Rückfrage, wonach es riecht oder stinkt, gibt es kaum eine qualifizierte Antwort“, meinte Schmid. Dass es nur stinke, sei aber für eine Rückverfolgung der Quelle zu wenig, so Schmid.
Ein möglicher Indikator, ob die SEF-Anlage als Verursacher infrage komme, sei die Windrichtung der Rauchfahne aus dem hohen Kamin. Wenn diese von Kelsterbach weg wehe, könne die Sindlinger Großkläranlage, in der auch das Kelsterbacher Abwasser geklärt werde, kaum als Verursacher einer Geruchsbelästigung in Frage kommen, so Kristeller. „Aber selbst wenn die Fahne in Richtung Kelsterbach weht, ist es nicht die Fahne die stinkt, denn diese besteht nur aus Wasserdampf“, gab Werner Kristeller zu bedenken.
Die Ergebnisse der Rasterbegehung des Kelsterbacher Stadtgebietes durch ausgebildete Geruchsspezialisten hätten aufgezeigt, dass von der Großkläranlage jenseits des Mains nur in ein bis zwei Prozent der Jahresstunden eine Geruchsbelästigung ausgehe. Der Schwellenwert für eine zumutbare Belästigung liege jedoch bei zehn Prozent der Jahresstunden.
Somit kam die Kanalisation ins Spiel. Grund für die unangenehmen Gerüche könnte der, durch sparsame Haushaltsgeräte verursachte verringerte Flüssigkeitsdurchfluss im Kanalnetz sein, sagte Michael Anthes vom Tiefbauamt. „Gerade in niederschlagsarmen Zeiten wie in den letzten Wochen kann es im Mischkanalnetz zu solchen aufsteigenden Gerüchen kommen“, so Anthes.
Mit vermehrten Kanalspülungen will man weiteren unangenehmen Gerüchen entgegenwirken. „Aber letztendlich sind wir es selbst, die das stinkende Abwasser produzieren“, betonte Anthes.
Die Stadt Kelsterbach und die Stadtentwässerung Frankfurt wollen nun weitere Analysen vornehmen, um den Ursachen für den Gestank auf den Grund zu gehen. Sollte das Kanalnetz eindeutig als Verursacher nachgewiesen werden, so könnten spezielle Filter, die den Gestank eliminieren, in den Kanalschächten eingebaut werden. (pos)

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