Mit Spitzhacke und Feuerlöscher

Beim Girls’ Day lernten elf Mädchen typische „Männerberufe“ kennen

EINMAL AUSMACHEN BITTE: Einen kleinen „Brand“ bekämpfte Chaymaa auf dem Hof der Wehr am Feuerlöschtrainer und lernte so die Aufgaben der freiwilligen Helfer kennen. (Foto: Scherer)

Kelsterbach (nad). „Gehen wir jetzt einen Baum fällen“, fragte eine der Schülerinnen aufgeregt. Da musste Frank Klepper, Leiter des Kelsterbacher Kommunalbetriebs (KKB) schmunzeln. Denn das Baumfällen wollte er dann doch lieber den Profis überlassen. 

Was macht eigentlich ein Forstwirt? Wie fit müssen Feuerwehrleute sein und welche Aufgaben hat ein Fachangestellter für Bäderbetriebe? Spannende Berufe, in denen häufig immer noch mehrheitlich Männer arbeiten, lernten elf Schülerinnen der Integrierten Ganztagsschule (IGS) beim „Mädchen-Zukunft-Tag“ kennen, bekannt als Girls’ Day. Barbara Mantik, in der Stadtverwaltung für Ausbildung und Praktika zuständig, hatte für die Mädchen aus den Klassen 5, 7 und 8 ein straffes Programm zusammengestellt, das den Schülerinnen unterschiedliche Berufe vorstellte. Los ging es im Sport- und Wellnessbad. Dort schauten sich die Mädchen mit Leiter Oliver Konen das Schwimmbad von unten an, bestaunten die Pumpstationen und reinigten selbst die Siebe. Außerdem stellte Konen den Beruf des Fachangestellten für Bäderbetriebe vor, der unter anderem die Badeaufsicht hat und Schwimmkurse leitet und dafür auch fit sein muss. Auch hier seien noch überwiegend Männer in dem Beruf zu finden, berichtete Mantik.

Schwimmbad, Pumpstation und KKB

Über das Mönchhofgelände, wo die Mädchen den Beruf des Abwassermeisters kennenlernten, sich die Pumpstation anschauten und erfuhren, wo das Abwasser landet und was damit passiert, ging es zum KKB. Dort stellte Leiter Frank Klepper den Betrieb mit seinem Aufgabenfeld vor. Neben der Pflege von Grünflächen, Spielplätzen und Gehwegen ist der KKB unter anderem auch für den Stadtwald verantwortlich. 
Thomas Berg führte die Mädchen durch die KKB-Schreinerei, in der das Holz aus dem Wald verarbeitet wird. Auch schneiden die Mitarbeiter hier Material für die Spielplätze zurecht, wenn diese einmal repariert werden müssen.
„Wir haben etwa 40 Spielplätze in der Stadt, 80 Prozent sind aus Holz“, berichtete Berg. Da gehe auch mal was kaputt, leider auch immer häufiger durch Vandalismus. Fasziniert waren die Mädchen von der imposanten Formatkreissäge – dem „Herzstück der Schreiner“, sagte Berg. Die wurde dann auch mal angeworfen, was für einige erschrockene Gesichter sorgte ob der Lautstärke und Schnelligkeit der Säge. Mit Spitzhacke und Schutzhandschuhen duften die Mädchen dann einige Pflastersteine lösen und verlegen, denn auch das erledigen die KKB-Mitarbeiter im Kleinen – körperlich eine sehr anstrengende Arbeit. Von aktuell etwa 45 Mitarbeitern sind sechs Frauen.

Draußen bei Wind und Wetter

„Es ist ein technik- und maschinenlastiger Beruf, oft körperlich anstrengend und wir sind bei Wind und Wetter draußen“, erklärte Klepper den hohen Männeranteil beim KKB. Den Girls’ Day finde er gut, so könnten die Mädchen sehen, dass Frauen beim KKB in allen Bereichen und nicht nur in der Verwaltung arbeiten würden. „Es ist auch eine gute Gelegenheit, den KKB mal zu präsentieren“, so der Leiter. Man sei immer auf der Suche nach jungen Mitarbeitern und würde sich freuen, wenn auch über den „Girls’ Day“ jemand Neues zum KKB stoße.
Elke Stockhausen ist eine der wenigen Mitarbeiterinnen beim Kommunalbetrieb und in den Job „reingerutscht“. „Schon meine Mutter hat hier gearbeitet“, erzählte die Kelsterbacherin, die in der Gärtnerei arbeitet. Die Arbeit mache ihr großen Spaß und die Frauen erledigten auch fast die gleichen Arbeiten wie die Männer. Hilfe gibt es, wenn mal etwas Schweres gehoben werden muss. „Ansonsten nehmen wir auch die Schaufel und Heckenschere in die Hand“, betonte Stockhausen. 
Höhepunkt war der Besuch im Stadtwald, wo die beiden Forstwirte Dieter Stammer und Michael Lausmann einen kaputten Baum aus Sicherheitsgründen fällen mussten – was die Mädchen natürlich mit ihren Handykameras als Erinnerung festhielten. Der „Mädchen-Zukunft-Tag“ biete die Möglichkeit, in die sogenannten Frauen-untypischen Berufe reinzuschnuppern, sagte Mantik. Dabei müssten sich die Mädchen nicht unbedingt für einen der vorgestellten Berufe zwingend begeistern. „Vielleicht erkennen sie auch, dass das nichts für sie ist.“ Auch das kann bei der Entscheidung für den Lebensweg helfen.

Feuer und Flamme für die Wehr

In der Stadtverwaltung dagegen arbeiteten viele Frauen, berichtete Mantik, auch würden sich überwiegend Frauen bewerben. Aktuell habe man sechs weibliche Auszubildende und einen Auszubildenden. Feuer und Flamme waren die Mädchen bei der Freiwilligen Feuerwehr, der letzten Station. Hier stellte Gerätewart Carsten Klang die Aufgaben der Helfer vor, die dafür auch körperlich fit sein müssen. Aktuell zählt die Wehr 58 Aktive, darunter sechs Frauen. In der Jugendfeuerwehr sind sieben Jungs und ein Mädchen aktiv. „Es wird immer schwieriger, junge Leute zu finden, die sich in der Feuerwehr engagieren wollen“, bedauerte Klang. Nach einer Führung durch die Umkleide durften die Mädchen noch in einem Löschfahrzeug Platz nehmen und auf dem Hof mit dem Handfeuerlöscher ein kleines Feuer löschen. Kein Wunder also, dass der Besuch bei den Brandbekämpfern mit am besten ankam.
Dass man mal andere Berufe kennenlernen könne, die eben nicht typisch für Frauen seien, finde sie gut, beurteilte Chaymaa den „Girls’ Day“. Ihre hätten nicht alle Berufe zugesagt, aber die Feuerwehr fand sie super, so die 13-Jährige, die gerne Anwältin werden würde. Auch Vida gefiel die Feuerwehr am besten. „Das Löschen fand ich toll. Ich will ja eigentlich Ärztin werden“, erklärte die Elfjährige, nachdem sie Helm, Handschuhe und Feuerwehrjacke ausgezogen hat. „Aber wenn das nicht klappt, könnte ich mir vorstellen, zur Berufsfeuerwehr zu gehen“, so Vida.

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