Sicher im Wasser unterwegs

Kurse der DLRG führen Kinder spielerisch zum Seepferdchen oder Freischwimmer

ZUM ABSCHLUSS durften die Kinder nochmals das Becken stürmen. (Foto: Kriewitz)

Kelsterbach. Wir kennen es warm und kalt, salzig und süß, wir nutzen es jeden Tag und brauchen es zum Überleben. Manchmal kann es aber auch gefährlich werden: Wasser. In Seen, Meeren und Schwimmbädern stellt es für Nichtschwimmer eine Gefahr dar. „Kinder müssen schwimmen lernen – heute mehr denn je“, steht für den Schwimmlehrer Karlo Heldmann von der DLRG Kelsterbach fest. 

„Heute haben die Familien für den Urlaub viel mehr Möglichkeiten zum Schwimmen: Viele Hotels oder Ferienhäuser haben einen Pool oder man ist mit dem Auto oder Flugzeug schnell an einer Küste. Hinzu kommt, dass Kinder magnetisch von Wasser angezogen werden“, meint Heldmann.
Die DLRG bringt den Kindern das Schwimmen bei. Angefangen mit dem Babyschwimmen werden die Kleinen an das nasse Element gewöhnt. Ab dem Alter von vier Jahren beginnen dann die Schwimmkurse für Anfänger. Ziel der Kurse ist es, das Seepferdchen-Abzeichen zu erhalten. Dafür müssen die Kinder 25 Meter am Stück schwimmen können, in schultertiefem Wasser mit offenen Augen nach einem Ring zu tauchen und die Baderegeln kennen.
Zweimal im Jahr, jeweils nach dem Sommer- und den Weihnachtsferien, bietet die DLRG solche Schwimmkurse im Lehrschwimmbecken der Karl-Treutel-Schule für insgesamt siebzig Kinder an. Auf spielerische Weise erlernen die Kinder hier das Schwimmen. 
Bei der ersten Schwimmstunde geht es auch um die motorischen Voraussetzungen. „Wir beobachten, wie sich die Kinder mit Armen und Beinen im Wasser bewegen. Manche haben schon Erfahrungen mit dem Wasser, andere kennen außer der Badewanne noch nichts“, meint der Schwimmlehrer. „So kommt es, dass manche das Seepferdchen nach zehn Stunden noch nicht haben. Kein Problem – jeder bekommt die Zeit, die er braucht.“
Individuell gestaltet sind auch die Schwimmstunden. Das Programm passt sich immer an die Gruppe an. „An regnerischen Tagen haben die Kinder sich meist noch nicht viel bewegt, haben Energie – dann müssen wir sie richtig auspowern“, so Karlo Heldmann, der schon seit 40 Jahren Schwimmkurse betreut und einiges an Erfahrung mitbringt. 
Die Eltern dürfen – was nicht überall selbstverständlich ist – am Beckenrand zuschauen. „Anfeuern und klatschen ist erlaubt – ehrgeizige Ratschläge sind untersagt“, erklärt Heldmann die Regeln. So nehmen einige Eltern auf einer Bank Platz und schauen entspannt beim Kurs zu. „Was wäre, wenn meine Tochter mal ins Wasser fällt – solche Gedanken mache ich mir als Mutter. Deswegen ist es mir sehr wichtig, dass meine Tochter schwimmen lernt“, erklärt Christine Branc. Sie schaut ihrer vierjährigen Tochter Lea zu. „Es gibt mir Sicherheit und macht mich viel entspannter. Andererseits sehe ich den Schwimmkurs auch als Vorbereitung für die Schule – dort haben die Lehrer wahrscheinlich kaum Zeit bei den vielen Kindern.“ 
Auch Mutter Nadine Rühl hatte ähnliche Beweggründe, ihre fünfjährige Tochter Helena beim Schwimmkurs anzumelden. Darüber hinaus hat ihre Tochter großen Spaß im Wasser: „Meine Kleine ist mehr unter Wasser als über Wasser – sie taucht total gerne“, freut sich die Mutter. „Die Euphorie vor den Schwimmstunden ist immer riesengroß – in den Herbstferien war sie ganz enttäuscht, als es mal ausgefallen ist.“
Nach einer Dusche dürfen die Kinder ins Wasser. Bevor es ans Schwimmen geht, laufen sie sich erst einmal im Becken warm. Dann kommt die Arbeit mit Geräten: Poolnudeln, Schwimmkissen, Tauchringe, Bretter und Matten kommen zum Einsatz. „Wir verpacken alle Aufgaben in Spiele. So haben die Kinder immer Spaß dabei“, erläutert Karlo Heldmann. So rutschen die Kinder beispielsweise über Matten ins Wasser. Was für die Kinder eine Rutsche ist, ist gleichzeitig eine Gleitübung bei der sie sich der Aufgabe stellen, kopfüber ins Wasser einzutauchen. 
Die zwei bis drei ehrenamtlichen Trainer gewährleisten, dass die Kinder individuell gefördert werden können. So werden ängstliche Schwimmer einzeln betreut und Fortgeschrittene bekommen zwischendurch mal eine Tauchübung gezeigt. 
In der Regel findet die komplette Schwimmstunde von 45 Minuten im Wasser statt. Wenn das Wasser zu kalt ist, werden auf einer beheizten Bank die Baderegeln vermittelt. Auch hier prägen sich die Kinder spielerisch mit Bildkarten die Regeln ein. 
Die eigentliche Seepferdchen-Prüfung verläuft dann ganz ohne Stress – denn die Kinder wissen nicht, dass die Prüfung abgenommen wird. „Es wird ganz normal weitertrainiert. Wenn ein Kind innerhalb einer Schwimmstunde alle Aufgaben besteht, bekommt es das Abzeichen“, so Karlo Heldmann. „Manche haben das Abzeichen schon nach ein paar Stunden, andere brauchen vielleicht noch einen Kurs. Bei uns gibt es keinen Leistungsdruck. Die Kinder sollen immer Spaß am Schwimmen haben.“
Die letzten zehn Minuten des Kurses sind daher auch immer Spielzeit: An einem Tag machen sie eine Reise durch den Dschungel und kriechen als wilde Raubkatzen am Beckenrand entlang, an einem anderen tauchen sie in einer Unterwasserwelt nach einem Schatz. Als Abschlussritual lassen die Kinder eine Rakete starten: Sie strampeln dabei ordentlich, bis das Wasser nur so spritzt, schreien, so laut sie können und springen ein letztes Mal ins Wasser.
Dann kommen die Mütter und Väter zum Einsatz denn es folgt die Abhol-Routine mit duschen, anziehen und föhnen. „Meine Tochter Leni ist eine richtige Wasserratte und kaum aus dem Becken zu bekommen“, erzählt Sylvia Kurz. „Nach dem Training ist sie trotzdem immer ziemlich platt.“
Auch nach einem erfolgreich abgeschlossenen Anfängerkurs ist das Schwimmtraining für die Kinder noch nicht beendet. „Hat man das Seepferdchen, kann man noch nicht sicher schwimmen“, erinnert Heldmann. „Unsere Erfahrung ist, dass 70–80 Prozent noch den nächsten Kurs besuchen.“ Erst der Freischwimmer – das Jugendschwimmabzeichen in Bronze – prüft, ob sich jemand fünfzehn Minuten über Wasser halten kann. Weitere Abzeichen wie Silber und Gold bis hin zum Rettungsschwimmer können dann auch noch abgelegt werden. (mki)

Eigene Bewertung: Keine Durchschnitt: 1 (1 Bewertung)

HerunterladenQR Code URL: https://www.freitags-anzeiger.de/27894


X