Senioren In Kelsterbach bemühen sich um Impftermine

Stadt bezuschusst Fahrten

Hilda Roscher freut sich auf ihre Corona-Impfung und hofft, dass die Pandemie bald vorbei ist, und sie ihren Flohmarkt wieder öffnen kann. Foto: Erlenbach

Kelsterbach – Seit einigen Wochen können sich Menschen über 80 Jahre für die Impfung gegen das Corona-Virus anmelden. Doch wer sich für diesen Schritt entscheidet, muss einige Erschwernisse auf sich nehmen.
Stundenlang am Telefon in der Warteschleife oder die Überlastung der Internet-Seiten, auf denen sich Interessenten anmelden können, gehören zum Alltag.

 Und zusätzlich müssen die Seniorinnen und Senioren aus dem Kreis Groß-Gerau vorerst bis nach Darmstadt fahren, wo im Wissenschafts- und Kongresszentrum „darmstadtium“ in der Innenstadt das Impfzentrum eingerichtet wurde. Denn das Zentrum in den Turnhallen der Martin-Buber-Schule in Groß-Gerau soll frühestens am 9. Februar öffnen. Wer sich vor diesem Stichtag für einen Termin registriert hat, muss aber nach Darmstadt, auch wenn der Impftermin nach dem 9. Februar liegt.
Im Büro von Waltraud Engelke, die für die Stadtverwaltung die Altenhilfe koordiniert, kommen immer wieder Telefonanrufe von älteren Menschen an, die nicht genau wissen, wie sie sich für eine Impfung anmelden sollen, und wie sie zu dem Termin nach Darmstadt kommen. Engelke verweist diese Leute dann an die Hilfsorganisation Kleeblatt oder die Caritas, die Unterstützung anbieten. Ein Fahrdienst sei in Planung, so Engelke, doch es seien noch Details zu klären.
Mittlerweile hat der Magistrat beschlossen, Fahrten zu den Impfzentren zu bezuschussen. Auch erhalten die Senioren für die Fahrt kostenfrei eine FFP2-Maske. Für die Fahrten sollen unter anderem Taxen eingesetzt werden, die über einen Plastikschutz zwischen Fahrer und Passagieren verfügen. 
Zudem verweist Engelke auf die Möglichkeit von Menschen mit einer Pflegeeinstufung, von ihren Krankenkassen einen Zuschuss für die Fahrten nach Darmstadt und später nach Groß-Gerau zu bekommen. Die finanziellen Hilfen der Stadt sollen greifen, wenn niemand aus dem familiären Umfeld eine Fahrt anbieten kann. Auch hier solle noch geklärt werden, inwieweit sich die Pflegekassen an den dadurch entstehenden Kosten beteiligen.
Die Betroffenen sollen möglichst nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Darmstadt fahren müssen, da hier die Ansteckungsgefahr groß sei. Doch wollen sich die Menschen jenseits der 80 Jahre überhaupt alle impfen lassen? Margarete Sandner, 85 Jahre alt, zögert noch. „Ich schwanke zwischen der Impfung und dem Verzicht“, sagt sie. „Warum soll ich mich mit 85 noch impfen lassen?“ Einen entsprechenden Brief von ihrer Krankenkasse mit den Anmeldedaten habe sie bekommen, „aber ich warte erst noch mal ab“.
Weil derzeit nicht genug Impfstoff verfügbar sei, sollten sich erst mal Leute impfen lassen, die gefährdeter seien als sie selbst. Die Kelsterbacherin betont aber, dass sie sich durchaus auch noch umentscheiden könnte. 
Günter Schneider und seine Frau Gertrud haben bereits einen Impftermin bekommen. Ganz einfach sei das nicht gewesen, berichtet Schneider, „aber wir waren sehr hartnäckig“. Einen Tag lang habe er versucht, für sich und seine Frau einen Termin zu bekommen. Im Internet sei er aber nicht durchgedrungen, da die Anmeldeseite völlig überlastet gewesen sei. Der Tochter sei es schließlich gelungen, bis zum Anmeldeformular durchzudringen.
Allerdings sei es nicht möglich gewesen, für ihn und seine Frau direkt hintereinander einen Termin zu bekommen. „Einer muss um 12.30 Uhr in Darmstadt sein, der andere um 15.30 Uhr“, bedauert Schneider. Und er fragt sich, wo man sich so lange aufhalten soll. Vor Ort wolle er versuchen, ob er und seine Frau nicht gleichzeitig geimpft werden können. „Wir sind froh, einen Termin bekommen zu haben, denn wir sind voller Angst wegen einer möglichen Ansteckung.“
Froh ist auch Hilda Roscher. Ihr hat ebenfalls die Tochter geholfen, einen Termin zu vereinbaren. Sie habe nun für den 4. Februar den ersten und für den 26. Februar den zweiten Termin für die Impfung bekommen. Immer wieder habe sie eine telefonische Terminvereinbarung versucht, sei aber nie durchgekommen. Der Tochter sei schließlich eine Anmeldung über das Internet gelungen. Die Tochter werde sie auch zu den beiden Impfterminen nach Darmstadt fahren.
„Ich freue mich auf die Impfung“, betont Hilda Roscher und sie hofft, dass viele andere Menschen genauso denken, damit die Pandemie möglichst schnell eingedämmt werde. Roscher denkt dabei auch an ihren privaten Flohmarkt, den sie seit vielen Jahren veranstaltet, und dessen Erlös sie für krebskranke Kinder spendet. Seit Monaten ist dieser Hofflohmarkt nicht mehr möglich. „Ich will endlich wieder öffnen“, sagt sie abschließend. Von Hans Dieter Erlenbach

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