Lernen wie am Küchentisch

An der IGS freut man sich über 50 000 Euro für das Projekt „Schüler helfen Schülern“

WIE GESTALTEN WIR DEN CLUSTER? Das überlegen sich Ursel Bös, Christian Reschke und Gerald Krause (von links) mit einigen Schülern. (Foto: Scherer)

Kelsterbach. Die Integrierte Ganztagsschule (IGS) hat den mit 50 000 Euro dotierten Förderpreis 2016 der Cranach-Stiftung erhalten. Mit dem Preisgeld will die IGS das erfolgreiche Projekt „Schüler helfen Schülern“ (SHS) ausbauen und dafür Lernlandschaften in den vier Clustern einrichten.

Im Dezember hatte sich die Schule mit dem SHS-Projekt für den Cranach-Preis beworben, der jährlich an förderwürdige Projekte an Schulen in Berlin, Frankfurt/Main, Offenbach und im Kreis Groß-Gerau verliehen wird. Die 2009 gegründete Cranach-Stiftung ist eine gemeinnützige treuhänderische Stiftung, die die Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche fördern will. Überzeugen die Jury mehrere Projekte, wird das Preisgeld aufgeteilt.
Diesmal aber ging das gesamte Fördergeld in Höhe von 50 000 Euro an die IGS. Für die Schule – bereits mehrfach für verschiedene Projekte ausgezeichnet – ein Novum. „So einen hohen Betrag haben wir noch nie erhalten“, freute sich der stellvertretende Schulleiter, Christian Reschke.
Das Geld kommt komplett den Schülern zugute. Seit drei Jahren gibt es an IGS das SHS-Projekt, in dem ältere Schüler ab der 8. Klasse jüngeren Mitschülern beim Lernen unter die Arme greifen. Damit sollen Schüler, die selbst in ihren ersten Jahren an der IGS individuelle Unterstützung erhalten haben, auch etwas zurückgeben können. Dabei hat das Projekt mittlerweile eine positive Dynamik entwickelt, immer mehr Schüler wollen sich engagieren. „Am Anfang waren es etwa 30 Schüler, im zweiten Jahr schon 50. Jetzt liegen wir bei rund 70 Schülern“, so der Projektleiter Gerald Krause.
Die SHS-Helfer sollen die Fünft- und Sechstklässler während der sogenannten Lernzeit unterstützen. „Die klassischen Hausaufgaben gibt es so nicht mehr“, sagte Reschke. So würden Kinder meist nicht mehr daheim am Küchentisch mit Unterstützung der Eltern ihre Aufgaben erledigen, sondern seien auf sich gestellt. Deshalb gibt es an der IGS statt Hausaufgaben seit vielen Jahren die Lernzeit im Mittagsblock, in der die Schüler selbstständig oder zusammen mit SHS-Schülern ihre Aufgaben erledigen.
Ziel des Projekts ist nicht nur die Verbesserung der Noten. Die jüngeren Teilnehmer lernen, ihre Lernprozesse zu strukturieren und Kontinuität und Verlässlichkeit im Arbeitsverhalten zu entwickeln. Aber auch die älteren SHS-Helfer entwickeln soziale Interaktionsfähigkeit, Empathie, Zuverlässigkeit, Konfliktfähigkeit und Verantwortungsgefühl gegenüber den Jüngeren.
Für die Lernzeit werden teils auch die großen Cluster vor den Klassenräumen genutzt. Allerdings, so Reschke, gebe es mittlerweile mehr hilfsbereite Schüler als entsprechende Räumlichkeiten, in denen gelernt werden könne. Außerdem eigneten sich die Cluster mit ihrem offenen Raum nur bedingt fürs Lernen in Kleingruppen. Manchmal reiche schon ein kleiner Blick durch den offenen Raum zu anderen Schülern und die Ablenkung sei da. „Das ist bis jetzt noch nicht so optimal“, ergänzte Gerald Krause.
Mit dem Fördergeld will die IGS nun die Cluster nach und nach in eine angepasste Lehr- und Lernwelt umgestalten. So wolle man auch ein wenig die „Küchentischsituation“ zurückholen, erklärte Reschke. Für eine bessere Lernatmosphäre werden abgetrennte Arbeitsplätze entstehen, damit Helfer und Schützlinge einen geschützten Raum erhalten und konzentrierter lernen können. Außerdem sind Rückzugsorte zum Lesen sowie mit Computern und Tablets ausgestattete Infopoints zu Recherchezwecken geplant.
Auch Lern- und Lehrmaterialien sowie Schränke, in denen die SHS-Helfer ihre Arbeitsmaterialien deponieren können, sollen angeschafft werden. Die Verwaltung soll zunehmend von den Schülern übernommen werden. Die Helfer profitieren doppelt, da sie während ihrer eigenen Lernzeit die Lerninseln auch nutzen können, um sich auf Prüfungen vorzubereiten.
Schon jetzt seien die meisten Schüler in der Lage, in den Clustern ruhig zu arbeiten. „Mit den Lerninseln erwarten wir, dass es noch ruhiger wird“, erklärte Krause. Eine Steuerungsgruppe entscheidet nun über die Auswahl der Materialien und entwickelt ein Konzept für die Umgestaltung der Cluster. Ein Jahr nach der Installation und Einweihung der Lernlandschaften soll das Projekt ausgewertet und bei Bedarf an die Anforderungen angepasst werden. (nad)

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