„Der Lärm ist immer da – Wir auch“

Sommerfest der Mahnwache am Terminal 1 – Liegestühle und Sonnenschirme dabei

Campingstühle und Sonnenschirme: Die Ausbaugegner aus den Anrainer-Kommunen protestierten im Terminal 1 des Flughafens auf ausgefallene Weise gegen Lärm und Verschmutzung. (Foto: Scherer)

Rhein-Main. Einige haben Sonnenschirme mitgebracht, Strandmatten und Liegestühle. Andere haben auf Decken den Inhalt ihrer Picknickkörbe verteilt: Würstchen, Gurken, Salate, Obst und hartgekochte Eier. Selbst einen kleinen Campingtisch mit Stühlen, darauf frische Melonen und einen guten Schoppen Wein.

Zu einem großen Sommerfest hatten am Montagabend die Initiatoren der Mahnwache eingeladen. Allerdings nicht auf einer grünen Wiese sondern im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. Ausgerechnet dort, wo eilige Passagiere ihren Urlaubsfliegern entgegen hechteten, packten die Ausbau- und Fluglärmgegner ihre Sommerfest-Utensilien aus. Sogar Federball wurde direkt unter der Boardinganzeige im Terminal gespielt – unter dem lauten Getrommel der Demonstranten und den Rufen „Lärm und Dreck, die Landebahn muss weg“ und „Jeden Tag um 18 Uhr, bringen wir den Lärm retour“.
Während der Sommerferien pausieren die Montagsdemos, der Protest jedoch nicht. Das Sommerfest, zu dem sich über 80 Fluglärmgegner aus den Flughafen-Anrainerkommunen im Terminal eingefunden hatten, war Teil einer wöchentlichen Veranstaltungsreihe. Drei weitere Termine, darunter Gespräche mit Bundestagsabgeordneten, sind geplant. Man könne den Protest nicht einfach sechs Wochen während der Ferien ausfallen lassen, erklärte Wilma Frühwacht-Treber aus Mörfelden-Walldorf, die die Mahnwachen initiiert. „Der Lärm ist immer da – und wir auch“, so Frühwacht-Treber, die sich über die gute Stimmung unter den Demonstranten während des Sommerfests freute.
Man sei durch den Lärm und die Verschmutzung durch die Flugzeuge seiner unmittelbaren Naherholungsgebiete beraubt. Um das darzustellen, sei man im vergangenen Jahr in Gärtnerkleidung und mit Schwimmbadutensilien und in Badelatschen zum Terminal gekommen, erklärte Frühwacht-Treber.
Ihrer Lebensqualität beraubt fühlen sich viele der Demonstranten durch Starts im Minutentakt bis in die späten Abendstunden. „Es ist mir einfach zu laut. Ich kann abends kaum einschlafen und wache nachts auf“, erklärte Beatrice Reusch. Sie brauche aber ihren Schlaf, da sie berufstätig sei und nicht gähnend auf der Arbeit rumstehen könne, so die Rüsselsheimerin, die seit anderthalb Jahren an den Montagsdemos teilnimmt. Sie kämpfe um die Nachtruhe. „Aber auch darum, dass ich auch nachmittags im Garten sein kann, ohne nach zehn Minuten wieder die Flucht ergreifen zu müssen.“
Manfred Schmitt von den Rüsselsheimer Naturfreunden will den Politikern zeigen, dass er mit ihren Entscheidungen zur Flughafenerweiterung nicht einverstanden ist. Das sei für ihn lebendige Demokratie. Für ihn sei es ein Erfolg gewesen, dass man den Bau der Landebahn wenigsten um mehrere Jahr hatte verschieben können. Bekanntlich sollten ja zur Fußball-WM 2006 die ersten Flieger auf der Nordwestbahn landen. Schmitt hatte schon gegen die Startbahn West demonstriert. An den Bau des ersten Hüttendorfs werde er jeden Tag erinnert. Da habe er sich nämlich eine Narbe an der Hand zugezogen, so der Rüsselsheimer.
„Grillen im Garten nur noch von 23 bis 5 Uhr?“. Diese Frage stand auf einem Schild, das Ulrich Binger an seinen kleinen von roten Elektrobirnen erleuchteten Grill gehängt hatte. Bei ihm in Frankfurt Sachsenhausen würden die Flieger im Minutentakt von 5 bis 23 Uhr landen. Wie solle das erst werden, wenn Fraport die Zahl der Flugbewegungen auf 700 000 im Jahr erhöhen wolle, fragte sich Binger. Der Bau der neuen Landebahn sei für ihn der Ausschlag zum Protest gewesen. „Mit der Situation davor hatte man sich irgendwie abgefunden und arrangiert“, so der Frankfurter. Seine Hoffnungen liegen auf der kommenden Landtagswahl und darauf, dass die Wähler die Parteien abstrafen, die den Flughafenbau durchgedrückt haben.
Zur nächsten Mahnwache am Montag, 29. April, im 18 Uhr wird es einen „Talk im Terminal 1“ geben. Zu Gast sind dann der Bundestagsabgeordnete der SPD, Gerold Reichenbach, sowie Tabea Rößner von Bündnis 90/Die Grünen und der Kandidat für die Bundestagswahl der Linken, Jochen Nagel.
Wie Wilma Frühwacht-Treber erklärte, werde man die Talkrunde auf Video aufnehmen und archivieren. Nach der Bundestagswahl wolle man die Kandidaten – falls sie denn gewählt werden – an ihren Worten messen. „Der Protest wird weitergehen, auch nach der Wahl am 22. September“, so Frühwacht-Treber. (nad)

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