Kelsterbacher Kerb und Altstadtfest daheim feiern

Höhepunkte beider Veranstaltungen werden aufgezeichnet und zum Social-Media-Ereignis

FREUEN SICH über die „etwas andere Kerb“: Kerwe-Präsident Sven Wellinger, Robin Schmalz (Kulturamt) und Giggel Anna-Lena Hofmann (vorne von links) sowie die Altkerweborsch Daniel Iriti und Michael Erler (hinten von links). (Foto: Scherer)

Kelsterbach (nad). Es hatte sich angesichts der Corona-Pandemie und der bundesweiten Absage zahlreicher Volksfeste bereits abgezeichnet, nun ist es offiziell: Es wird 2020 in der Untermainstadt keine klassische Kerb und auch kein Altstadtfest geben. Doch ganz auf das Feiern müssen die Kelsterbacher nicht verzichten: Das Kulturamt will mit den Kerweborsch, den Altkerweborsch und allen Helfern die beiden beliebten Feste über Social-Media-Kanäle in die Wohnzimmer der Menschen bringen. Motto: Kerb und Altstadtfest daheim.

Bürgermeister Manfred Ockel (SPD) wies bei einer Pressekonferenz im Fritz-Treutel-Haus auf die Landesverordnung hin, die größere Feste untersagt. Auch bundesweit sind vorerst alle Großveranstaltungen bis 31. August abgesagt. Selbst wenn es weitere Lockerungen gäbe, gehe man davon aus, dass man Kerb und Altstadtfest nicht in gewohnter Form organisieren könne. Wie Ockel weiter berichtete, habe man bei einem Treffen mit den Kommunen im Kreis Groß-Gerau und im „engen Schulterschluss“ mit Landrat Thomas Will (SPD) beschlossen, auf Großveranstaltungen mit Festzelt in traditioneller Form zu verzichten. Raunheim und Rüsselsheim, die Mitte beziehungsweise Ende August Kerb feiern, haben bereits vor einigen Wochen ihre Feste abgesagt. Ockel verwies auf das hohe Infektionsrisiko bei großen Menschenmengen und Aufenthalten auf engem Raum. 

Programmpunkte neu interpretieren

Ersatzlos gestrichen sind Kerb und Altstadtfest nicht. Man habe sich gefragt, was man trotzdem tun könne, um die beiden Traditionsfeste „in den Köpfen zu behalten“, so der Bürgermeister – aber eben im Rahmen der aktuell gültigen Verordnungen. Die Idee: „Ein Social-Media-Event mit der ganzen Kerwefamilie“, berichtete Robin Schmalz vom Kulturamt, verantwortlich für die Organisation beider Feste, also „eine Wohnzimmerkerb für alle.“ Wie Schmalz weiter ausführte, sollen die Höhepunkte der Kerb – der Fassbieranstich am Freitagabend mit der Mainzer Festwirtfamilie Diestelkamp, das Showprogramm der Kerweborsch samt Ernennung der Ehrenkerweborsch am Samstagabend, der Umzug am Sonntag und der Frühschoppen am Montag – „neu interpretiert“ werden. 
Geplant ist eine professionelle Auszeichnung der Programmpunkte im Vorfeld, die dann zu den gewohnten Kerb-Uhrzeiten vor allem über das Netzwerk Facebook im Internet gezeigt werden. Die Auftritte der Livebands werden ebenfalls vorher aufgezeichnet, infrage kommt dafür der Bürgersaal mit seiner Bühne. Auch auf der städtischen Homepage und dem Instagram-Profil der Stadt werden die Videos verlinkt. „Mit dem Gesamtkonzept wollen wir den Leuten die Möglichkeit geben, zu Hause die Kerb so zu feiern, wie es im Rahmen der Verordnungen zu dem Zeitpunkt möglich ist“, sagte Schmalz. Das Baumstellen auf dem Schlossplatz und der Umzug sollen dagegen live stattfinden. Letzteren wird es laut Schmalz nur in einer abgespeckten Version geben, ohne Vereine und Kapelle, nur mit den Kerweborsch und dem Bembelwagen. Als „Klammer“ der Veranstaltung soll ein Kerwefilm gedreht werden, der Schausteller, Festwirt und Helfer in den Mittelpunkt rückt.
Ähnlich soll das eine Woche nach der Kerb stattfindende Altstadtfest gefeiert werden. Wie Schmalz berichtete, werden die Höhepunkte vorher aufgezeichnet und später über die Social-Media-Kanäle ausgestrahlt. Das Fest zeichne sich vor allem durch die Geselligkeit und Livemusik aus. „Diese beiden Punkte wollen wir in die Wohnzimmer und Gärten der Gäste übertragen“, sagte Schmalz.
Statt Abschlussfeuerwerk am Mainufer wird es eine am Computer animierte Show geben. Man wisse, dass man beide Veranstaltungen nicht ersetzen könne, verspreche sich aber davon, den Charme beider Feste nach Hause zu bringen. Die Menschen, die soziale Medien nicht nutzen, will die Stadt im Vorfeld über Zeitungsartikel und Interviews erreichen.

Ein Stück Mut und Lebensfreude vermitteln

Froh und stolz sei man, dass die Stadt etwas auf die Beine stelle, sagte Kerweborsch-Präsident Sven Wellinger. In anderen Kommunen würden die Feste ersatzlos abgesagt, „nur bei uns nicht.“ Zwar habe man bis zuletzt gehofft, dass sich die Situation bis zur Kerb bessern würde. „Aber es war klar, dass man in dieser kurzen Zeit keine klassische Kerb auf die Beine stellen kann.“ Auch die Vorkerweparty ist damit gestrichen. Einen Giggelschlag werde es geben, allerdings in einer etwas anderen Form. „Die Leute können gespannt sein“, so Wellinger. 
„Wir sind froh, dass die Stadt eine Alternative organisiert“, freute sich Giggel Anna-Lena Hofmann, die ein etwas kürzeres, aber nicht minder unterhaltsames Showprogramm versprach. Unterstützt werden die elf Aktiven dabei von den Altkerweborsch, die das Hackfleischessen, das immer eine Woche vor der Kerb stattfindet, absagen mussten. Man sei dennoch guter Dinge und hoffe, dass das alternative Angebot Anklang finde, sagte der Vereinsvorsitzende Daniel Iriti. Der Vereinsringvorsitzende Thorsten Schreiner betonte, dass dennoch in diesem Jahr Ehrenkerweborsch ernannt werden. „Das gehört unverkennbar zur Kerb dazu.“
Wie der Bürgermeister betonte, hätten beide Traditionsfeste eine Alternative verdient, zudem wolle man den Bürgern damit ein Stück Mut und Lebensfreude vermitteln und ein Zeichen setzen. Auch die durch die Corona-Beschränkungen schwer gebeutelten Schausteller und Bands sollen so eine Chance bekommen, öffentlich aufzutreten. Vielleicht behalte man sogar das ein oder andere Onlineangebot bei, um mehr Menschen mit den Festen zu erreichen, so Ockel.
Weiter teilte der Bürgermeister mit, dass der Ehrenabend im November, an dem erfolgreiche Sportler und verdiente Bürger ausgezeichnet werden, ersatzlos gestrichen wird. Auch die Jugendsportlerehrung wird 2020 nicht stattfinden. „Ohne Kapelle und Tanz geht es einfach nicht“, sagte Ockel mit Blick auf den feierlichen Rahmen, der den Ehrenabend auszeichnet. Dafür soll es 2021 wieder eine Ehrungsfeier geben.
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