Kelsterbach: Illegale Parzellen werden erfasst

Stadt sucht Einigung mit Kleingärtnern / Erweiterung der Anlage am Südpark

Ohne Genehmigung und Bebauungsplan sind viele der Kleingärten am Stadtrand, wie hier nahe der Schwanheimer Straße, über Jahrzehnte entstanden. Falls sie einem Schutz- oder Überschwemmungsgebiet stehen, haben sie kaum eine Chance darauf, nachträglich legalisiert zu werden. (Foto: Postl)

Kelsterbach (pos/nad). Kleingärten sind stark nachgefragt, vor allem bei Menschen, die in engen Wohnungen leben und für sich und ihre Familie ein kleines Fleckchen Grün wünschen. Entsprechend hoch ist die Nachfrage nach den wenigen legalen Parzellen im Stadtgebiet. Rund 100 Personen stehen auf der Warteliste der Stadt für einen Kleingarten. Allerdings ist die Liste seit vielen Jahren mangels Parzellen für Neueintragungen geschlossen.

Entlastung verspricht die geplante Erweiterung der Kleingartenanlage am Südpark, die in den 90er Jahren entstanden ist. Hier sollen 87 neue Parzellen entstehen. Gleichzeitig könnten aber einige Kleingärten im Stadtgebiet verschwinden, da diese illegal errichtet wurden und teils in Naturschutz- oder Überschwemmungsgebieten liegen. So gibt es zahlreiche Kleingärten entlang der Kelster im Kelstergrund, aber auch im Bereich von der Schwanheimer Straße bis zum Friedhof. Anzahl und Größe der Parzellen: unbekannt. 
Viele dieser Parzellen, teils mit Hütten, Wochenendhäusern und Kleinbauten, aber auch Pferdekoppeln, sind in den vergangenen Jahrzehnten vor allem im Außenbereich der Kelsterbacher Gemarkung entstanden. Jedoch ohne die notwendige behördliche Genehmigung oder einem Bebauungsplan. Die Parzellen sind bis dato nur geduldet. Lediglich privilegierte Anlagen der Land- und Forstwirtschaft oder Bauten, die dem Allgemeinwohl dienen, dürfen im Außenbereich errichtet werden. Ohne Genehmigung zulässig sind lediglich landschaftliche Unterstelleinrichtungen bis fünf Kubikmeter Rauminhalt sowie die Lagerung von Brennholz bis maximal 40 Raummeter für den rein privaten Bedarf. Eine gewerbliche Nutzung ist verboten.

Gericht hat entschieden: Illegale Eingriffe müssen beseitigt werden

Die Stadt hat nun mit dem Kreis Groß-Gerau eine gemeinsame Erklärung an die Eigentümer  und Pächter veröffentlicht, in der sie auf die rechtliche Situation hinweist. Ziel ist, in den kommenden Jahren alle illegalen Kleingärten im Außenbereich zu erfassen. Hintergrund ist eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, laut dem illegale Eingriffe – also auch Kleingärten – in Natur und Landschaft beseitigt werden müssen. „Die zuständigen Behörden dürfen die rechtswidrigen Zustände nicht dulden“, heißt es in der Erklärung von Stadt und Kreis. Somit seien die Behörden gesetzlich verpflichtet, gegen alle ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen baulichen Anlagen, Versiegelungen, Ablagerungen und Nutzungen vorzugehen – unabhängig vom Zeitpunkt der Errichtung. Einen Ermessensspielraum gibt es hierbei nicht.

Suche nach Alternativen und Möglichkeiten zur Legalisierung

Die Erfassung des Ist-Bestandes aller Bebauungen in den Außenbereichen sei die Aufgabe der nächsten Jahre, sagte Bürgermeister Manfred Ockel (SPD) in der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung. Den Fraktionen lag die Erklärung von Stadt und Kreis zur Kenntnisnahme vor. Die Frage sei auch, welche Möglichkeiten es gebe, illegale Kleingärten nachträglich per Bebauungsplan zu legalisieren. „Wir müssen aber auch klar sagen, dass ein illegaler Eingriff eine Schädigung bedeutet.“ Keine Chancen auf Bestand hätten somit illegale Gärten und Bauten, die in einem Schutz- oder Überschwemmungsgebiet liegen würden, so Ockel. Der Magistrat müsse sich nun ein Konzept überlegen, welche Gärten nach der Bestandsaufnahme weg müssten und ob es mögliche Alternativen gibt.
Die Pächter sollen jedoch nicht sofort nach Kartierung ihre Gärten aufgeben. „Das geht nicht von heute auf morgen“, sagte Ockel. Kreis und Stadt wollen in dem Anhörungsverfahren die Belange der Pächter berücksichtigen. Einem Pächter, der seit 40 Jahren einen Garten habe, könne man nicht einfach sagen, dass er jetzt gehen solle, sagte der Bürgermeister. Hier seien Vergleiche möglich, „es muss aber eine verbindliche Vereinbarung geben“, betonte der Bürgermeister.
Die Pächter können in dem Verfahren eine Stellungnahme abgeben, auch die Untere Naturschutzbehörde wird in persönlichen Gesprächen vor Ort hinzugezogen. Die Behörde will sich zudem bemühen, die gesetzlichen Regelungen so sozial verträglich wie möglich umzusetzen. Jeder betroffene Pächter hat zudem die Möglichkeit, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Kreis Groß-Gerau abzuschließen. Damit können Verfügungen vermieden und die ungenehmigten Bauten für einen gewissen Zeitraum wie bisher genutzt werden.

Weitere 87 Parzellen am Südpark

Erweitert wird die Kleingartenanlage am Südpark, die aktuell 69 Parzellen mit einer Gesamtfläche von rund 1,7 Hektar umfasst – auf dem Areal nördlich der bestehenden Anlage, zwischen der Südlichen Ringstraße, Staudenweg, Schlichter Weg und Regionalparkweg. Die Parzellen der bestehenden Kleingartenanlage weisen eine Nettofläche von 180 Quadratmetern aus, dazu kommen Flächen für Wege und die beiden Parkplätze. Diese Anlage wird um rund 2,2 Hektar erweitert, dort sollen weitere 87 Parzellen mit einer Größe von je 180 Quadratmetern entstehen. Da die Stadt in diesem Bereich über keine zusammenhängenden Flächen im Eigentum verfügte, wurde eine vereinfachte Umlegung mit allen 25 beteiligten Grundstückseigentümern erzielt. Diese ist im Oktober rechtskräftig geworden. Seitdem sind sämtliche Flächen in diesem Bereich im Eigentum der Stadt. 
Um die Flächen von der derzeit noch festgelegten landwirtschaftlichen Nutzung in eine Kleingartenfläche umzuwandeln, ist ein Bebauungsplanverfahren erforderlich, das noch 2020 abgeschlossen werden soll. Teil des Bebauungsplans soll die zu einer Kleingartenanlage gehörende Infrastruktur berücksichtigen, wie ein Parkplatz, Erschließungswege, Wasserversorgung sowie ein mögliches Vereinsheim, Toiletten und eine Müllsammelstelle. In Betracht gezogen wird, dass sich die Kleingartenanlage über einen Verein selbst verwaltet.
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