Kelsterbach: Einbruch bei der Gewerbesteuer

Kämmerei erwartet Ausfall von 6,7 Millionen Euro / Hufgard: Chancen beim Edeka-Neubau verpasst

Ungewohnter Ort: Wegen der Dekanatswahlen im Fritz-Treutel-Haus tagte das Stadtparlament diesmal in der Mensa der Integrierten Ganztagsschule (IGS). (Foto : Grünheid)

Kelsterbach (ud/nad). Speisesaal statt Bürgersaal: An einem ungewöhnlichen Ort tagte das Stadtparlament, nämlich in der Mensa der Integrierten Ganztagsschule (IGS). Grund für diesen Umzug des Gremiums in den Speisesaal der Schule: Das vertraute Fritz-Treutel-Haus war an diesem Tag für die Dekanatswahlen vergeben worden, erläuterte Bürgermeister Manfred Ockel (SPD) vor der Sitzung.

Eine Besonderheit der Sitzung war auch der Termin, der von dem üblichen Montag auf einen Donnerstag verlegt wurde. Die Begründung hierfür: Ursprünglich war für diesen Tag die Vereidigung des frischgewählten Bürgermeisters vorgesehen. Doch wegen der Corona-Pandemie wurde der Termin der Bürgermeisterwahl im Juni auf das kommende Jahr verschoben und mit der Kommunalwahl am 14. März 2021 zusammengelegt. Um diese Sitzung nicht absagen zu müssen, so Ockel, werde sie mit einer überschaubaren Tagesordnung veranstaltet. 

Grünes Licht für Supermarktneubau

Erster Tagesordnungspunkt war der Bebauungsplan für den Neubau des Edeka-Marktes am Südpark. Dort plant das Unternehmen den Abriss des bestehenden und in die Jahre gekommenen Marktes, um an gleicher Stelle einen neuen, moderneren zu errichten. Dabei soll die Verkaufsfläche von 1002 auf 1650 Quadratmeter für ein Warensortiment von 15 000 bis 20 000 Produkten vergrößert werden. Das Investitionsvolumen für das Projekt, dessen Fertigstellung für 2021 vorgesehen ist, beträgt rund 8,5 Millionen Euro. Christian Hufgard von der Wählerinitiative Kelsterbach (WIK) begrüßte grundsätzlich den Neubau des Marktes und die damit einhergehende Verbesserung der Nahversorgung der Bürger. Zugleich kritisierte er, dass etliche Chancen ausgelassen wurden, etwa den Bau von Wohnungen über der Ladenfläche oder einer Tiefgarage. Dagegen sieht er aus klimatechnischer Sicht positiv, dass die Begrünung des Daches vorgesehen ist. Am Ende wurde dieser Bebauungsplan bei einer Enthaltung von dem Gremium verabschiedet.
Ohne Diskussion wurde der Jahresabschluss 2014 des städtischen Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft angenommen. Der erwirtschaftete Jahresgewinn in Höhe von rund 497 000 Euro werde der Rücklage zugeführt, erläuterte Stadtverordnetenvorsteherin Helga Oehne (CDU). Ebenso erging es dem Jahresabschluss 2014 des städtischen Eigenbetriebs Stadtwerke. In diesem Falle werde der erwirtschaftete Jahresverlust in Höhe von rund 17 000 Euro aus den Rücklagen gedeckt, so Oehne.
Auf der Tagesordnung stand ferner ein Antrag des fraktionslosen Stadtverordneten Ayhan Isikli (Freie Wähler) zum Beitritt der Stadt in das Programm „Gemeindeschwestern 2.0“. Dieser Antrag wurde im Februar dieses Jahres an den Magistrat verwiesen, doch die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, sagte Oehne. Dieses Programm lasse sich nur mit einem Kooperationspartner verwirklichen, da die Stadt die Voraussetzungen nicht erfüllt. Derzeit werde in Zusammenarbeit mit dem GPR-Klinikum Rüsselsheim geprüft, unter welchen Voraussetzungen ein Beitritt zum Programm „Gemeindeschwester 2.0“ möglich ist. Isikli erklärte, dass gerade jetzt in Corona-Zeiten eine solche Gemeindeschwester nötig sei, etwa bei der Betreuung von Senioren. Bürgermeister Ockel führte aus, dass die Corona-Krise die Behandlung dieses Themas verzögert habe, und betonte, dass der Antrag auf jeden Fall geprüft werde.

Nachtragshaushalt nicht nötig

Zur Kenntnis genommen wurden der Haushaltsbericht über das vorläufige Ergebnis des Haushaltsjahres 2019 und der Haushaltsbericht über das Ergebnis bis zum 30. Juni 2020. Die Corona-Krise wird auch den laufenden Etat belasten, wie aus einer Antwort des Magistrats auf eine Anfrage von Ayhan Isikli hervorgeht. Isikli wollte wissen, wie hoch die geschätzten Steuerausfälle für die Stadt für die Jahre 2020 und 2021 sein werden.
Während sich die Grundsteuer, Hundesteuer, Zweitwohnungssteuer, Spielapparatesteuer und Wettaufwandssteuer auf dem erwarteten Niveau bewegten und hier nicht mit Steuerausfällen zu rechnen sei, sieht es bei der Gewerbesteuer – die fast die Hälfte der jährlichen Steuereinnahmen der Untermainstadt ausmacht – schlechter aus. Hier rechnet die Stadt mit Ausfällen von rund 6,7 Millionen. Der Ansatz für 2020 bei der Gewerbesteuer lag bei 13,4 Millionen Euro. „Trotz dieser Verluste geht die Kämmerei momentan von einer positiven Entwicklung der Gewerbesteuer bis zum Jahresende aus“, heißt es in der Antwort des Magistrats.
Zwar sollen die krisenbedingten Ausfälle bei der Gewerbesteuer mit einem kommunalen Solidarpakt 2020 kompensiert werden. Dazu gewährt der Bund für 2020 den Gemeinden gemeinsam mit den zuständigen Ländern hälftig finanziert einen einmaligen pauschalierten Ausgleich. Allerdings seien die Einzelheiten, wie die Mittel auf die einzelnen Städte und Gemeinden verteilt werden, noch ungeklärt. Einen starken Einbruch haben hessenweit im zweiten Quartal auch die Gemeindeanteile an der Einkommens- und der Umsatzsteuer erlebt. Hier rechnet man bis zum Jahresende mit 20 Prozent weniger Erträgen im Vergleich zum Planansatz 2020. Die Steuerausfälle für 2021 seien noch nicht absehbar, da bisher noch keine verwertbaren Daten für diesen Zeitraum vorliegen. Ein Nachtragshaushalt sei aufgrund der bisher zu erwartenden positiven Entwicklung des Vorteilsausgleichs mit der Stadt Frankfurt nicht nötig. Der Planansatz beim Vorteilsausgleich liegt bei 6,9 Millionen Euro, das derzeitige Ist-Ergebnis beläuft sich auf elf Millionen Euro.
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