Kaiserwetter und ein geklauter Hammel

Baumstellen wird zum Kraftakt – Kerweumzug mit 100-jährigem Giggelsmädchen im Cabrio

MIT DEM TRAKTOR brachten die Kerweborsch den Baum zum Festplatz. (Foto: Scherer)

Kelsterbach. „Ach, lasst den Baum mal so, wir gehen erst mal zum Fassbieranstich“, scherzte einer der Kerweborsch. Da hatten die Jungs die rund 19 Meter lange Fichte gerade vom Hänger gehoben, den bunt geschmückten Kranz aufgeschoben und den Baum auf den Halterungen abgestützt. Doch diese Pause gönnten sich die Kerweborsch nicht, und so meisterten sie schließlich auch noch den letzten Schritt.

Zwar dauerte das traditionelle Baumstellen in diesem Jahr ein wenig länger, doch die Prozedur verlief ohne große Probleme – und das viertägige Volksfest konnte beginnen. Auch das Wetter war in Kerwestimmung. Strahlender Sonnenschein lockte zahlreiche Besucher auf den Festplatz im Unterdorf. Beim Kerweumzug am Sonntag durch die Stadt säumten viele gut gelaunte Zaungäste die Straßen und jubelten den Teilnehmern zu.
Los ging es bereits am Freitagabend im gut besetzten Festzelt. Dort spielte zum Auftakt die „Familie Hossa“, die die gut gelaunten Gäste gekonnt auf die Kerb einstimmte. Bis spät in die Nacht feierten und tanzten die Besucher zu Schlagern aus den 70er-Jahren und bekannten Hits der Neuen Deutschen Welle. Nicht fehlen durften an diesem Abend der Einmarsch der Kerweborsch, angeführt von Kerweborschpräsident Kevin Heinbuch und Giggelsmädche Anna Lena Schubert.
Kerweborsch und Giggelsmädche hatten am nächsten Tag wieder alle Hände voll zu tun, denn schon am Morgen musste der Kerwebaum aus dem Kelsterbacher Wald geholt werden. Unterstützt von den Altkerweborsch und ehemaligen Giggelsmädchen wurde der Baum per Traktor und Hänger auf den Schlossplatz gebracht. Schmückendes Element war wieder die selbstgemachte und am Baum befestigte Kerwebobb. Auch der Kerwekranz wurde mit rot-weißen Kreppblüten verschönert.
In diesem Jahr zierte aber noch der etwas abstrakt anmutende Kopf eines Stoffhammels den Kranz. Den habe man auf der Raunheimer Kerb „gefunden“, war die Erklärung. Heißt: Den hatten die Kerweborsch den Rivalen aus Raunheim geklaut und mit einer blonden Perücke verschönert. „Wenn sie den wieder haben wollen, müssen sie schon da hochklettern“, war der hämische Kommentar.
Fast eine Stunde dauerte die schweißtreibende Prozedur, die von zahlreichen Schaulustigen in sicherer Entfernung verfolgt wurde. Rechtzeitig bemerkt wurde von einigen, dass um ein Haar die geschmückte Seite des Kranzes nach oben geschaut hätte.
„In diesem Jahr war es ein Kraftakt, das Schmücken hat auch länger gedauert, aber es hat sich gelohnt“, erklärte Bürgermeister Manfred Ockel, der anschließend zusammen mit Festwirt Patrick Hausmann im Festzelt beim Fassbieranstich die Kerb offiziell eröffnete.
Besinnlich begann die Kerb dann am Sonntagmorgen mit dem Zeltgottesdienst der evangelischen Gemeinden, der von den Pfarrern Joachim Bundschuh und Barbara Benoit gehalten wurde. Für die musikalische Gestaltung sorgte unter anderem der evangelische Posaunenchor.
Am Sonntagmittag zogen 20 bunte Motivwagen und Fußgruppen durch die mit Birkengrün geschmückten Straßen. Angeführt vom Musikzug der Herrgottstaler Musikanten – die Creglinger laufen bereits seit 1987 beim Umzug mit – sowie den Fahnenträgern der Kerweborsch ging es vom Oberdorf ins Unterdorf, wo besonders viele Bürger ihre Höfe geöffnet hatten und Äppler, Wasser und Zwetschgenkuchen verteilten und mitfeierten.
Mit dabei waren unter anderem die Schützengilde mit einer Fußgruppe und die Country Company. Bonbons an die Zuschauer verteilten die jungen Fußballer der Viktoria sowie die Mitglieder des Freizeit Sport Club. Mit Traktor und Anhänger unterwegs war der DGB-Ortsverband. Der Kanuclub, der in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen feiert, hatte seinen Motivwagen mit Kajaks geschmückt. Sportlich warb die weibliche Handball-D-Jugend des BSC für ihren Abteilung.
Im feschen Cabrio war Elsa Heim unterwegs. Die Kelsterbacherin hatte zu ihrem 100. Geburtstag die Fahrt spendiert bekommen und genoss die Teilnahme. Heim war 1932 als 18-Jährige als Giggelsmädche bei der Kerb dabei.
Nach fast drei Stunden erreichten die Fußgruppen und Wagen den Schlossplatz, wo im Festzelt bis in den Abend hinein zur Musik der Band „Gypsys“ weitergefeiert wurde. (nad)

Noch keine Bewertungen vorhanden

HerunterladenQR Code URL: https://www.freitags-anzeiger.de/10410


X