Immer in Deutschland gelebt

Flüchtlingskoordinatorin Agneta Becker erhält die deutsche Staatsbürgerschaft

EINGEBÜRGERT: Aus den Händen von Bürgermeister Manfred Ockel (rechts) und Ordnungsamtsleiter Jörg Ritzkowsky erhielt Agneta Becker ihre Urkunde über die deutsche Staatsbürgerschaft. (Foto: Scherer)

Kelsterbach. „Das ist schon aufregend. So was macht man ja nur einmal im Leben“, bekennt Agneta Becker. Die städtische Flüchtlingskoordinatorin unterstützt jeden Tag Menschen dabei, sich in ihrer neuen Heimat Deutschland zurechtzufinden – auch in Sachen Behördengänge. Nun hat Becker selbst einige bürokratische Hürden erfolgreich genommen: Die 67-Jährige hat die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

Bis vor Kurzem war Agneta Becker nämlich noch offiziell Niederländerin, ohne jedoch je in Holland gelebt zu haben. Die niederländische Staatsbürgerschaft hatte Becker, geborene Hoogervorst, über ihre holländischen Eltern erhalten, die, beruflich bedingt, über Schweden nach Deutschland kamen. Dort wurde Agneta Becker 1950 in Elmshorn nahe Hamburg geboren, hat also ihr Leben lang in Deutschland gewohnt.
„Eigentlich wollte ich schon viel früher die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen“, sagt Becker. Doch der holländische Pass mit ihrem Mädchennamen brachte für sie beruflich einige Vorteile. Denn, wie es das Klischee so will, war sie viele Jahre im Blumenhandel tätig. „Und ich habe gemerkt, dass sich im Blumenhandel die Türen leichter öffnen, wenn man etwas Holländisches von sich gibt“, schmunzelt Becker.
Schon ihr Großvater war europaweiter Vertreter für Blumenzwiebeln gewesen. Ihr Vater hatte für einige Jahre in Schweden als Gärtner gearbeitet. Aufsteigen und Filialleiter werden konnte er allerdings nicht – dafür hätte er schwedischer Staatsbürger sein müssen. „Er wollte aber lieber Holländer bleiben“, erzählt Becker. Also verschlug es ihre Eltern nach Norddeutschland, wo ihr Vater eine eigene Gärtnerei aufmachte und schließlich das Geschäft um den Blumenimport erweiterte. „So bin ich mit Blumen im Blut groß geworden“, erinnert sie sich.
Aus Schweden mitgebracht hatten die Eltern aber den Namen für die Tochter. Nach holländischer Sitte wird das erste Kind nach dem Großvater oder der Großmutter benannt. Da ihre Omas Agate und Agnes hießen, seien die Eltern auf die Idee gekommen, sie Agneta zu nennen und hatten damit auch noch einen schwedischen Namen gefunden, der an beide Omas zugleich erinnert.
Als Agneta Beckers Vater starb, übernahm sie bereits als 17-Jährige mithilfe zweier Bürgen den Familienbetrieb inklusive der Bankgeschäfte und schlug sich wacker durch. In dieser Zeit lernte sie ihren späteren Mann Otto kennen, der auch in der Blumenbranche war und noch dazu ihr Konkurrent. 1977 heiratete das Paar und jeder kümmerte sich weiter um die eigene Firma.
Später übernahm Agneta Becker zeitweise sogar zwei Betriebe: Die mittlerweile in Kelsterbach angesiedelte Firma ihres Mannes sowie die eigene Blumenexportfirma, die sie nach dem Verkauf des elterlichen Unternehmens in der Untermainstadt gegründet hatte. So pendelte Becker viele Jahre zwischen Kelsterbach und dem hohen Norden, wo sich ihr 22 Jahre ältere Mann daheim um Sohn und Tochter kümmerte. 1997 zog das Paar dann ganz nach Kelsterbach. Mit der Demenzerkrankung ihres Mannes zog sich Agneta Becker aus dem Blumenhandel zurück und ließ sich zur Fachkraft für Gesundheits- und Sozialdienstleistungen ausbilden, auch um sich damit selbstständig zu machen. „Ich wollte vor allem meinem Mann helfen“, so Becker, die zusammen mit der Rüsselsheimer Alzheimergesellschaft den Tanztreff im Atrium initiierte. Doch 2015 verstarb ihr Mann.
Mit der Stelle als städtische Flüchtlingskoordinatorin fand sie ein Jahr später eine neue berufliche Aufgabe. „Je länger ich hier tätig war, desto stärker wollte ich ganz dazugehören“, sagt Becker über ihre Entscheidung, den deutschen Pass zu beantragen. Sie möchte auch ihre staatsbürgerlichen Pflichten wahrnehmen und den Bundestag wählen dürfen. Da sie eine lückenlose und reguläre deutsche Schulausbildung vorzuweisen hatte, musste sie keinen Einbürgerungstest machen.
Ihre Urkunde, mit der sie einen deutschen Reisepass und Personalausweis beantragen kann, erhielt sie nun aus den Händen von Bürgermeister Manfred Ockel und Ordnungsamtsleiter Jörg Ritzkowsky – nachdem sie das Bekenntnis zur Verfassung der Bundesrepublik abgegeben hatte. Ihren holländischen Pass will sie behalten – „aber nur als Erinnerung“, betont Agneta Becker lächelnd. (nad)

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