Ein guter Freund aus der Nachbarschaft

Nach 20 Jahren: Frankfurter OB kommt zum Andreasgelage

BESCHAULICHE KUTSCHFAHRT: Erstmals seit 20 Jahren nahm mit Peter Feldmann wieder ein Frankfurter Oberbürgermeister am Kelsterbacher Andreasgelage teil. Das Volksbildungswerk hatte zu der Traditionsveranstaltung, bei der früher die Kelsterbacher Bauern ihren Weidezoll entrichteten, ins Fritz-Treutel-Haus eingeladen. Die Frankfurter Ehrengäste werden alljährlich mit der Kutsche abgeholt. Siehe Bericht im Kelsterbacher Teil. (Foto: Postl)

Kelsterbach. Gleich zwei Pferdegespanne waren nötig, um die Ehrengäste zum traditionellen Andreasgelage nach Kelsterbach zu kutschieren. Im großen Landauer von Alfred Roßkothen saß mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann ein ganz besonderer Ehrengast, denn nach über 20 Jahren kam wieder einmal das Stadtoberhaupt des großen Nachbarn in die Untermainstadt.

Feldmann gegenüber saß Tina Baumann, Leiterin der Abteilung StadtForst des Frankfurter Grünflächenamtes; sie vertrat die Förster beim Andreasgelage. In der zweiten Kutsche durften Bernhard Wiegand, der im März zum Ehrenvorsitzenden des Volksbildungswerkes (VBW) ernannt wurde, und Kabarettist Jürgen Leber, der später als Goethe verkleidet kräftig vom Leder zog, Platz nehmen.
Nach einer Bilderbuchrundfahrt durch das romantische Unterdorf, vorbei an der St. Martinskirche, dem alten Schulhaus und dem Schloss, kamen die Gäste schließlich am Fritz-Treutel-Haus an. Peter Feldmann war beeindruckt. „Ich war zwar schon mehrmals in Kelsterbach, aber so schön habe ich es noch nicht gesehen“, meinte das Frankfurter Stadtoberhaupt.
Begrüßt wurden die Gäste von Bürgermeister Manfred Ockel und dem Vorsitzenden des VBW, Hartmut Blaum. Die Lämmerspieler Jagdhornbläser spielten das Halali.
Das Gelage begann traditionell mit dem Austausch der Andreassprüche. Christian Schönstein, stellvertretender Vorsitzender des Volksbildungswerk, sprach für die Kelsterbacher Bauern, Tina Baumann für die Förster des Frankfurter Stadtwaldes, wohin die Kelsterbacher ihr Vieh zum Weiden treiben durften. Die Bauern entrichteten ihren Weidezoll in Hafer, die Förster hatten Holz, süß und sauer, bereit gestellt. Dann nahm das Gelage seinen Lauf.
Hartmut Blaum erinnerte an den Ursprung des Andreasgelages, das 1966 in neuer Form wieder auflebte. Am 30. November, dem Andreastag, forderte die Stadt Frankfurt den Weidezins ein, die Kelsterbacher luden die Gäste dann zu Speis und Trank ein. „Das nicht alles wieder zusammen laufet und saufet“, hatte damals der Landesherr dem Verwalter in der Siedlung Kelsterbach vorgegeben – doch es hielt sich wohl niemand daran.
Im Anschluss erhielt Bernhard Wiegand unter großem Beifall von Blaum und Schönstein seine Ernennungsurkunde zum Ehrenvorsitzenden. Wiegand bedankte sich mit dem Hinweis, dass er nach seiner 14-jährigen Amtszeit als Vorsitzender und 22 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit seine Aufgaben beruhigt in jüngere Hände übergeben konnte. Er dankte insbesondere der Stadt für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Mein Wunsch ist es, dass das Volksbildungswerk sein wichtiges kulturelles Engagement fortsetzen kann“, so Wiegand.
Darauf bezog sich auch Bürgermeister Manfred Ockel, der darauf verwies, dass die Ausrichtung des Andreasgelages eine ebenso wichtige Aufgabe des VBW sei wie die Unterhaltung des Stadtmuseums. „Dieser Verein leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Kulturgutes in unserer Stadt“, so Ockel.
An OB Feldmann gewandt, meinte Ockel, dass Kelsterbach und Frankfurt mit Blick auf die Flüchtlingszuweisungen, die Infrastruktur und die Finanzen viele gemeinsame Probleme hätten und diese auch gemeinsam lösen sollten.
„Kelsterbach ist eine Reise wert“, betonte Feldmann in seiner Ansprache. Er sei als Freund aus der Nachbarschaft gekommen. „Wir wollen auf gleicher Augenhöhe miteinander sprechen und anstehende Probleme lösen“, betonte Feldmann. „Wir können ja einen Wettbewerb daraus machen, wer wen öfters besucht“, scherzte Feldmann.
Dann ging es humorvoll mit dem Kabarettisten Jürgen Leber weiter, der als Goethe auftrat und auf der Couch lümmelnd kräftig vom Leder zog. „Ein damaliger Zeitgenosse hat mir gesagt, dass Kelsterbach zwar nur halb so groß wie der Frankfurter Hauptfriedhof sei – dafür aber doppelt so tot“, scherzte Jürgen Leber alias Goethe.
Im Anschluss referierte Tina Baumann über den Frankfurter Stadtwald, der mit seiner Größe von rund 5000 Hektar nicht nur einer der größten in Deutschland sei, sondern auch eines der vielfältigsten Ökosysteme aufweise. (pos)

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