„Die gesamte Region weiter voranbringen“

Beim Andreasgelage hebt Frankfurts Stadtrat Uwe Becker die Unabhängigkeit der Untermainstadt hervor

HERZLICHE Begrüßung: Bürgermeister Manfred Ockel (links) und Bernhard Wiegand (rechts) empfangen Frankfurts Stadtrat Uwe Becker. (Foto: Postl)

Kelsterbach. Mit dem Auftritt der Rheingoldtöchter gönnte sich das Volksbildungswerk anlässlich des Jubiläums „60 Jahre Stadtrechte“ einen besonderen Programmpunkt beim Andreasgelage. Der Abend begann aber zunächst ganz traditionell. Die Gäste aus Frankfurt wurden mit der Pferdekutsche am Eisernen Steg abgeholt. Hier traf Frankfurts Stadtrat Uwe Becker auf einen alten Bekannten, denn Kutscher Alfred Rosskothen hatte ihn schon bei Beckers Hochzeit mit einer waschechten Kelsterbacherin chauffiert. Die Lämmerspieler Jagdhornbläser sorgten für die musikalische Begrüßung am Fritz-Treutel-Haus und hießen danach auch alle Gäste im Saal mit dem Großen Halali willkommen.
 

Grundlage für das Andreasgelage ist die einst jährliche Abholung des Weidezinses am Tag des Heiligen Andreas durch die Frankfurter Stadtoberen mit ihren Förstern. Dazu, so der Originaltext, solle man die Gäste für das Gelage mit einem großen Tisch mit weißer Decke, dazu ordentlich Speis und Trank empfangen. Kelsterbachs Schiedsmann und Ortsgerichtsvorsteher Jörg Ritzkowsky trug den Andreasspruch vor, für Frankfurt übernahm dies Forstoberrat Reinhard Divisch. Mitgebracht hatten sie für den Naturalienaustausch Holz, süß und sauer, aus Kelsterbach nahmen sie dafür Hafer mit.
Dieses Gelage machte damals seinem Namen alle Ehre und fand 1866 mit der Übernahme der Freien Reichsstadt Frankfurt in das Preußische Reich sein jähes Ende. Genau 100 Jahre später, im Jahre 1966, ließ das Volksbildungswerk das Andreasgelage in moderner Form wieder aufleben.
In seiner Begrüßung ging der Vorsitzende des Volksbildungswerks, Bernhard Wiegand, auf die guten Beziehungen zu Frankfurt ein und hieß Stadtrat Uwe Becker besonders willkommen. „Uwe Becker ist ein Verfechter gut nachbarschaftlicher Beziehungen“, betonte Wiegand. Dies sei auch das Ziel des Volksbildungswerks bei der Wiederaufnahme des Andreasgelages gewesen, so Wiegand.
Doch keine Nachbarschaft ohne Probleme. „Seit Eröffnung der Landebahn Nordwest vor fast genau einem Jahr, ist die Belastung für die Kelsterbacher Bürger spürbar größer geworden“, betonte Bernhard Wiegand.
Er sprach aber auch die „politischen Turbulenzen“ nach der Kommunalwahl in Kelsterbach an. „Ich bitte alle politischen Parteien und Gremien darum, keine weiteren Gräben mehr aufzureißen, sondern Brücken zu bauen, um das Beste für Kelsterbach zu erreichen“, betonte Wiegand unter großem Beifall.
„Das Volksbildungswerk ist nicht nur ein Bewahrer der Tradition des Andreasgelages, sondern es dokumentiert die ganze Geschichte der Stadt, die derzeit mit der Bebauung des ehemaligen Enkageländes eine weitere bedeutsame Veränderung erfährt“, so Bürgermeister Manfred Ockel in seiner Ansprache. Die Lebensqualität dürfe nicht zugunsten wirtschaftlicher Interessen zurückgefahren werden, kritisierte Ockel die Flughafenerweiterung. Jetzt müsse alles für den aktiven Schallschutz getan werden, Lärmobergrenzen festgelegt werden, forderte Ockel in Richtung des Frankfurter Gastes.
Ein großes Lob sprach Ockel Uwe Becker aus, der als Verhandlungsführer großen Anteil an der Einigung der Anrainerkommunen beim Vorteilsausgleich hatte. „Wir hoffen weiterhin auf einen intensiven und fruchtbaren Dialog mit unserem großen Nachbar Frankfurt“, schloss Ockel sein Grußwort.
Frankfurts Stadtrat Uwe Becker sah es nicht als Pflicht sondern als Kür an, zum Andreasgelage nach Kelsterbach zu kommen. „Ich bin überzeugt, dass wir weitere administrative Barrieren überwinden und so auch die gesamte Region weiter voranbringen“, verwies Becker auf bereits erreichte Errungenschaften, zum Beispiel beim Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV).
Bei der Überbringung seiner Glückwünsche zu 60 Jahre Stadtrechte griff Uwe Becker auf das chinesische Tierkreiszeichen zurück. „Menschen – und dies kann man auch auf eine ganze Stadt übertragen – die im Jahr des Drachen geboren wurden, sind gesund, energiegeladen, langlebig, leicht erregbar, ungeduldig und hartnäckig“, zitierte Becker unter Beifall der Kelsterbacher. „Diesem runden Geburtstag sollen noch weitere als freie Stadt folgen“, wünschte der Frankfurter Stadtrat.
Nach dem Andreasmahl, es gab Weck und Worscht, boten „Die Rheingoldtöchter“ eine mal ernste, mal heitere kabarettistische Bühnenshow. Pianist Frank Golischewski kündigte die drei Wassernixen Ulrike Neradt, Margit Sponheimer und Hildegard Bachmann an. In ihren Sketchen ging es um unerfüllte Träumen, die Freuden des Alltags und die Untiefen des Lebens. Die drei Rheingoldtöchter mit ihrem „Alberich“ verstanden es prächtig, das Publikum mit ihrer fröhlichen Revue zu unterhalten. (pos)
 

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