Flughafen als Partikelquelle?

Ultrafeinstaub-Messungen sprechen dafür – Kelsterbach hat Messstelle beantragt

IN RAUNHEIM wird seit 2017 die Belastung der Luft durch ultrafeine Partikel gemessen. Erste Ergebnisse zeigen: Weht der Wind aus Flughafen-Richtung, ist die Gesamtkonzentration der Partikel im Schnitt zwei Mal so hoch wie sonst. (Foto: Scherer)

Kelsterbach (nad). Wie hoch ist die Ultrafeinstaub-Belastung im Umfeld des Frankfurter Flughafens und ist der Airport eine wesentliche Quelle für die potenziell gesundheitsschädlichen ultrafeinen Partikel? Dieser Frage geht das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) nach und führt seit einigen Jahren entsprechende Messungen unter anderem in Frankfurt-Schwanheim und Raunheim durch. 

Auch die Stadt Kelsterbach hat im März beim HLNUG die Einrichtung einer Messanlage für Ultrafeinstaub beantragt. Dieser Antrag sei derzeit noch in Bearbeitung, eine Entscheidung stehe noch aus, erklärte Diana Rose vom HLNUG auf Nachfrage des Freitags-Anzeiger. Die Wissenschaftlerin wertet zusammen mit Stefan Jacobi die Ergebnisse der Messungen aus. Als ultrafeine Partikel werden alle Partikel mit einem Durchmesser kleiner als 100 Nanometer bezeichnet. Ihre gesundheitlichen Auswirkungen sind noch nicht abschließend erforscht. Seit September 2017 misst deshalb das HLNUG die Konzentration ultrafeiner Partikel an den Luftmessstationen in Raunheim und Schwanheim.
Zwei weitere Messstationen wurden im Oktober 2018 an der Martin-Buber-Schule in Frankfurt-Sachsenhausen sowie am 22. Juli dieses Jahres am Alten Friedhof Oberrad eingerichtet. Laut dem Umwelt- und Nachbarschaftshaus, das die Studien zusammen mit dem Forum Flughafen und Region finanziell sowie mit Messgeräten unterstützt, handelt es sich bisher um die umfangreichste Datenerhebung und Auswertung zur Ultrafeinstaubkonzentration im Nahbereich eines deutschen Flughafens.

Zahl der Partikel steigt bei Wind aus Flughafenrichtung

Nach dem ersten, im Mai 2018 veröffentlichen Zwischenbericht, kommt der Flughafen tatsächlich als „bedeutsame Bodenquelle für ultrafeine Partikel“ in Betracht. So zeigen die Ergebnisse der Messungen im Zeitraum zwischen September 2017 und Februar 2018 in Raunheim und Schwanheim, dass an beiden Stationen tagsüber die Anzahl sehr kleiner Partikel (Durchmesser von 10 bis 30 Nanometer) steigt, sobald der Wind aus Richtung des Flughafens weht. In Schwanheim war die Gesamtkonzentration der Partikel dann im Schnitt sechsmal so hoch wie bei Wind aus anderen Richtungen, in Raunheim etwa zweimal so hoch. „Kommt der Wind während der Nachtstunden aus Richtung Flughafen, sind die Partikelkonzentrationen nicht signifikant höher als bei Wind aus anderen Richtungen“, heißt es in dem Zwischenbericht. Signifikant ist vor allem die erhöhte Partikelkonzentration tagsüber. Dies lasse vermuten, dass die Emission dieser Partikel nachts stark reduziert ist, beziehungsweise vollständig zum Erliegen kommt, lautet eine Erkenntnis. Der Flughafen als Partikelquelle rücke somit weiter in den Fokus, da infolge des Nachtflugverbots zwischen 23 und 5 Uhr kaum Emissionen zu erwarten seien.

Kelsterbach stellt Antrag auf eigene Messstation

Das Auftreten der ultrafeinen Partikel sei nach den derzeitigen Erkenntnissen durch bodennahen Transport geprägt, also durch Emissionen, die beim Betrieb auf dem Flughafengelände entstehen. Nicht ableiten lasse sich bisher, ob Überflüge unterhalb einer bestimmten Höhe als relevante Quelle für Partikel am Boden in Betracht kommen. Dieser Frage will das HLNUG bei künftigen Messungen nachgehen. 
In Kelsterbach ist die mögliche Belastung durch Feinstaub vor allem mit Eröffnung der Landebahn Nordwest, für die ein Großteil des Stadtwaldes gerodet wurde, wieder in den Fokus gerückt. So berichteten Bürger, die im Gewerbegebiet Taubengrund lebten, das bei Westwind direkt überflogen wird, davon, dass ihre Terrassenplatten durch den Feinstaub schwarz gefärbt waren. Von Bodenlärm, aber auch Kerosingeruch und Gestank durch den Reifenabrieb der auf der Nordwestbahn landenden Flieger, sind die Bewohner des Berliner Viertels betroffen. Einige Häuser, wie in der Straße Am Hasenpfad, stehen nur knapp 800 Meter von der Piste entfernt. Auch Diana Rose gibt zu bedenken, dass durch die Hauptbetriebsrichtung Süd-Süd-West viele Emissionen vom Frankfurter Flughaben nach Kelsterbach gelangen. 
Eine Messstation in Kelsterbach, so heißt es in dem Schreiben von Bürgermeister Manfred Ockel an das HLNUG, biete sich geradezu an, da es im Umfeld des Flughafens keine Wohnbebauung gebe, die einen geringeren Abstand zur Schadstoffquelle Luftverkehr habe als Kelsterbach. 
Der nächste Zwischenbericht zu den aktuellen Ultrafeinstaub-Messungen wird nach Auskunft von Diana Rose am 19. August vorgelegt. Am 22. und 23. August gibt es in Frankfurt eine Expertenanhörung zum Thema Ultrafeinstaub, organisiert vom Forum Flughafen und Region und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen in Kooperation mit dem HLNUG.

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