Feuerreiter in Kelsterbach vor dem Ende

Keiner will Vorstandsarbeit übernehmen / Sofortige Auflösung scheitert an Regularien

Der noch amtierende Vorstand der Feuerreiter: Sabine Seib, Helene Scheel und Klaus Börner (vorne von links) sowie Katharina Köhlhofer, Manuela Grischkat, Monika Stenzinger und Erich Hatzmann (hinten). Foto: Postl

Kelsterbach – Bereits vor der Mitgliederversammlung des Karnevalvereins „Die Feuerreiter“ hatten die Zeichen eindeutig auf Auflösung gestanden. Es war klar, dass sich niemand der noch amtierenden Vorstandsmitglieder für eine Wiederwahl – auch nicht für andere Positionen – zur Verfügung stellen würde.

Doch so schnell, wie es sich der amtierende Vorstand um den Vorsitzenden Klaus Börner vorgestellt hatte, ging es dann doch nicht. Denn gegen einen Antrag auf Auflösung sprachen die entsprechenden Regularien des Vereinsrechts. So etwa enthielt die Einladung zur Mitgliederversammlung keine explizite Information darüber, welches Jahr behandelt werden sollte. Für den Vorstand war klar: alle bislang noch nicht abgehandelten Jahre. Die letzte Mitgliederversammlung hatte für das Jahr 2018 stattgefunden, somit galt es erst einmal, für das Jahr 2019 Rechenschaft abzulegen und eine Entlastung zu beantragen.
Die Berichte des Vorsitzenden, der Kassiererin Helene Schell, des Komitee-Vorsitzenden Ralf Seib sowie der Trainerin der Großen Garde, Katharina Köhlhofer, fielen recht kurz aus – es war ja auch kaum etwas los. „Wir haben derzeit 132 Mitglieder, davon sind 32 aktiv“, schilderte Börner die Mitgliedersituation. Nach längerer Corona-Pause traf sich der Vorstand erstmals Mitte Juli dieses Jahres wieder. Die Kampagnen-Eröffnung 2019/2020 sei zwar „ein super schöner Abend“ gewesen, ebenso die Gala-Sitzung, jedoch waren beide Veranstaltungen nur mäßig besucht. Ein tolles Erlebnis sei der Vereinsausflug nach Frankfurt samt Führung durch die Altstadt gewesen, ebenso die Beteiligung am Kerweumzug, hob Börner hervor. Zum Heringsessen hatten sich jedoch nur sechs Feuerreiter angemeldet, was für den Vorsitzenden mehr als enttäuschend war.
Der Vorsitzende des 19-köpfigen Feuerreiter-Komitees, Ralf Seib, erinnerte noch einmal an die Abdankung von Torsten Schreiner als Sitzungspräsident, woraufhin man sich für ein anderes Format der Großen Sitzung entschieden hatte. Katharina Köhlhofer trainierte ohnehin nur noch fünf Tänzerinnen – und diese machten beim BSC-Faschingsball im Februar 2020 richtig Furore. Doch das sei es dann auch gewesen, denn aufgrund von Corona gab es dann keine Trainingsmöglichkeiten mehr.
Kassiererin Helene Scheel konnte einen Kassenbestand von rund 10 000 Euro vermelden. Der Vorstand wurde bei einer Enthaltung aus dem Kreis der Mitglieder entlastet. Somit schlug Klaus Börner den Weg der Auflösung vor. Hier verwies Bürgermeister Manfred Ockel auf das Vereinsrecht, dass zuvor noch die Jahre 2020 und 2021 per Mitgliederversammlung abgehandelt werden müssten. „Sie müssen dem Amtsgericht ihre Entlastung für diese Jahre und dem Finanzamt die entsprechende Bilanz vorlegen“, so Ockel deutlich. 
Für die Neuwahl des Vorstands stellte sich der Bürgermeister als Wahlleiter zur Verfügung. „Nur als Wahlleiter und nicht als Vorsitzender“, scherzte Ockel. Der Rathauschef berichtete, dass es die Vereine in Corona-Zeiten besonders schwer hatten und die Stadt versucht habe, dort zu unterstützen, wo es möglich war.
Bei der Wahl fand sich für den Posten des Vorsitzenden jedoch niemand, auch nicht für eine andere Position im Vorstand. Da sich auch keiner für das unumgängliche Amt des Kassenprüfers für die Jahre 2020 und 2021 fand, nahm der Bürgermeister die Sache selbst in die Hand und stellte sich zur Verfügung. Ferner schlug Ockel vor, nach einer Lösung zu suchen, ob man den Traditionsverein nicht irgendwie weiterführen könne, wenngleich ohne Veranstaltungen. „Vielleicht findet sich ja in zwei, drei Jahren wieder ein Team“, wollte Ockel die Hoffnung noch nicht aufgeben.
Dies sah Geschäftsführerin Sabine Seib kritisch. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht mehr als Karnevalsverein weiter bestehen können – es findet sich einfach niemand, der sich einbringen und die Arbeit übernehmen will“, so Seib deutlich. Die Geschäftsführerin dankte allen, die sich in besonderer Weise eingebracht haben und überreichte ihnen aus dem Fundus die letzten Clowns, die für besonderes Engagement verliehen wurden. Die Clowns gingen an Manfred Ockel, Erich Hatzmann, Monika Stenzinger, Katharina Köhlhofer, Georg Treutel, Klaus Börner, Karin Georg und Manuela Grischkat.
In fünf Wochen wird zur wohl letzten Mitgliederversammlung eingeladen, um die Jahre 2020 und 2021 gemäß der Regularien abzuschließen. Gleichzeitig soll aber auch noch nach möglichen Freiwilligen gesucht werden, die sich für eine Fortführung der Feuerreiter engagieren. Einigen Vorstandsmitgliedern standen dennoch schon jetzt die Tränen in den Augen, da alles nach einer Auflösung nach 70 Jahren Vereinsgeschichte aussieht. VON LEO F. POSTL

 

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