Das Ende einer Errungenschaft?

Stadtparlament stimmt für Zusatzvertrag mit Fraport – Kritik von und an der WIK

SCHUTZ VOR DEM BODENLÄRM der Flugzeuge soll die zwischen 1970 und 1984 erbaute und jetzt marode Schallschutzwand bieten. Flughafenbetreiber Fraport will die Mauer entlang des Airportrings gemäß dem Vertrag mit Kelsterbach ab 2019 abreißen und dafür eine neue bauen. (Foto: Postl)

Kelsterbach. Die Stadtverordnetenversammlung hat sich am Montagabend mehrheitlich für den Zusatz zum Nachbarschaftvertrag mit dem Flughafenbetreiber Fraport ausgesprochen.

Laut diesem soll auch weiterhin der im Kontrakt von 1968 zugesicherte Lärmschutz für die Kelsterbacher Bürger gewahrt werden. Auch verpflichtet sich der Flughafenbetreiber, die zwischen 1970 und 1984 erbaute und mittlerweile marode Lärmschutzwand entlang des Airportrings abzureißen und zu erneuern. Dem Votum ging eine hitzige Diskussion voraus, am Ende wurde auf Antrag der WIK einzeln und namentlich über den Vertragszusatz abgestimmt. 
„Wir stimmen heute über das Ende einer Errungenschaft ab“, sagte Christian Hufgard (WIK). Der einstige Bürgermeister Fritz Treutel habe sich damals in den Verhandlungen für den Schutz der Bevölkerung eingesetzt. „Das hat heute ein Ende“, so Hufgard. Die Expansion des Frankfurter Airports beruhe auf Lügen, angefangen von der Aussage des SPD-Ministerpräsidenten Holger Börner 1981, dass kein Baum mehr für den Flughafen fallen werde.
Durch den 68er-Vertrag habe man eine 15 Meter hohe Mauer gebaut und sie verrotten lassen. Nun bekomme man eine viel niedrigere Lärmschutzwand, kritisierte Hufgard. 
Durch die Expansion des Flughafens stehe nun eine Landebahn wo einst Bannwald war, das Gebiet Taubengrund sei unbewohnbar geworden und die Menschen im Hasenpfad würden durch den Fluglärm aus dem Schlaf gerissen. „Treten Sie in die Fußstapfen von Fritz Treutel und für einen Lärmschutz ein, der diesen Namen auch verdient“, so Hufgard.
Hufgard wies Vorwürfe seitens der SPD zurück, die WIK hätte in der interfraktionellen Arbeitsgruppe (AG) Schallschutzwand, die die Ausarbeitung des Vertragszusatzes begleitet hatte, keine Kritik geäußert. Immer wenn die WIK etwas angemerkt habe, sei auf das gute Verhältnis zwischen Stadt und Fraport verwiesen worden. 
Tanja Mohr (Linke) kritisierte, es gebe keine Zusicherung, dass Kelsterbach am Ende nicht noch mehr Lärm abbekomme. Nicht einmal zum Vorschlag einer Wortänderung – dass Fraport nicht „zeitnah“, sondern „unverzüglich“ für einen Mauerersatz zu sorgen hat – habe man sich durchgerungen. „Aber sollte tatsächlich alles so gut laufen, dann spendiere ich Ihnen einen Drink, nicht zeitnah, sondern unverzüglich“, so Mohr Richtung Bürgermeister Manfred Ockel.
Der betonte, im Vertragszusatz sei festgelegt, dass sich die Lärmbelastung für Kelsterbach keinesfalls verschlechtern dürfe. Zudem verpflichte sich Fraport zum Bau der neuen schallschutzabsorbierenden Wand, die an einigen Stellen vier, an anderen zwischen acht und 15 Meter hoch wird.
Fallen auf dem Flughafengelände Gebäude mit einer Schallschutzfunktion weg, hat Fraport für Ersatz zu sorgen. Begleitend dazu gibt es ein Monitoring mit Lärmmessungen. Weitere Lärmschutzmaßnahmen ließen sich nicht per Vertrag regeln, sondern über Gremien wie die Fluglärmkommission, sagte Ockel.
Christine Breser (CDU) hob die intensiven und langen Diskussionen in der AG hervor, am Ende sei eine gut geplante Ersatzanlage herausgekommen, die für die Bereitschaft beider Vertragspartner spreche und die Stadt wahrscheinlich noch vor dem Lärm der ICE-Strecke und der Autobahn 3 schütze.
Über das Verhalten der WIK – diese hatte in einer Pressemitteilung den Zusatz kritisiert und erklärt, man werde ein Bürgerbegehren gegen die Pläne in Erwägung ziehen – erregte sich Jürgen Zeller. Weder in der AG, in der auch die WIK vertreten war, noch im Bauausschuss habe es Dissens gegeben. Dass die WIK im Nachhinein mit Kritik komme, habe mit sachlicher Diskussion nichts zu tun.
Dass WIK-Fraktionschef Bruno Zecha im Haupt- und Finanzausschuss gesagt habe, die beiden Gutachter von Stadt und Fraport würden sich kennen, und damit deren Neutralität in Zweifel gezogen habe, grenze an „populistischer Stimmungsmache“.
Auch gegen den Bürgermeister sei in verunglimpfender und diskreditierender Form vorgegangen worden. „Das ist keine Basis, um mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“ Zeller mahnte, dass ein Bürgerbegehren ein „Ergebnis zum Schaden der Stadt“ bringen könnte, nämlich, dass die Fraport sich am Ende zu gar nichts verpflichtet fühle. 
Am Ende wurde der Vertragszusatz mit 14 Ja-Stimmen von CDU, SPD sowie Christos Pelekanos (FW/FDP/EUK) angenommen. Sieben Stadtverordnete – die WIK sowie Ayhan Isikli (fraktionslos) – stimmen dagegen. 
Wie Bruno Zecha auf Nachfrage des Freitags-Anzeiger erklärte, sei es noch offen, ob man einen Bürgerentscheid initiiere. Das werde erst noch diskutiert und die Stimmung in der Bevölkerung berücksichtigt. (nad)

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