Colin Stejskal hat die Greifzange immer parat

Er sammelt bei Spaziergängen den Müll ein, den andere achtlos wegwerfen

DER UMWELT ZULIEBE: Dass die Leute ihren Müll mitnehmen, statt ihn in der Natur zu entsorgen, das wünscht sich Colin Stejskal. (Foto: Koslowski)

Kelsterbach (rko). Colin Stejskal kennt Kelsterbach gut. Und er weiß auch, wo die Ecken sind, an denen sich der Müll häuft. Zum Beispiel auf einem Parkplatz an der Südlichen Ringstraße. Tatsächlich findet er dort Verpackungsmüll und einen Haufen Taschentücher, die offensichtlich nach der Notdurft benutzt und weggeworfen wurden.

Warum als ein Porträt über Colin Stejskal schreiben? Weil er jemand ist, der sich wie selbstverständlich für die Umwelt und somit auch für seine Mitmenschen einsetzt. Er sammelt den Müll auf, den andere Leute unachtsam oder mutwillig in der Gegend hinterlassen. 
Im Kofferraum seines Autos hat er stets Müllsäcke, Handschuhe und eine zusammenklappbare Greifzange parat. Wenn er spazieren geht, und das macht der 46-Jährige gerne und ausgiebig, steckt er immer diese Utensilien in eine Tasche, und sorgt bei Bedarf für eine saubere Umwelt. Und das nicht nur in Kelsterbach, sondern auch im Taunus oder anderen schönen Regionen. 

Auf der Insel Rügen hat alles angefangen

Begonnen hat er dieses außergewöhnliche ehrenamtliche Engagement im vergangenen Jahr während eines Urlaubs auf der Insel Rügen. Bei einem Spaziergang im Wald fand er einen alten Feuerwehrschlauch. „Fünf Kilometer im Wald“, berichtet Stejskal und ist nach wie vor überrascht über den ungewöhnlichen Fundort. Den Schlauch schleppte er auf dem Arm aus dem Wald. Während des Urlaubs war er auf mehren Inseln unterwegs und sammelte Müll ein. Er fand unter anderem Farbeimer. „Das macht doch eine Riesenmühe, die Eimer im Wald zu entsorgen“, wundert er sich über den Aufwand, den die Umweltsünder immerzu betreiben. In zehn Tagen füllte er so 30 Müllsäcke mit einem Volumen von je 60 Litern. 
Dann habe er sich überlegt, doch öfters mal Müll einzusammeln. Denn früher habe er sich immer nur über die Umweltverschmutzung durch andere Menschen aufgeregt. „Ich will es hinter mir sauberer haben als vorher“, begründet der Kelsterbacher seine Leidenschaft. 
In der Stadt ist er dabei weniger tätig, dafür sei die Stadtverwaltung zuständig, sagt er. Stejskal ist vielmehr häufig im Wald unterwegs. Dabei findet er regelmäßig allerlei Müll: Verpackungen, Papier von Hustenbonbons, Dosen, Zigarettenstummel. Einmal machte er sich den Spaß und zählte die Zigarettenstummel. Auf einer Strecke von 150 Metern las er in einem Gewerbegebiet 376 Stummel auf. 

Stejskals Appell: „Nehmt euren Müll mit“

Seine Freundin, häufige Begleiterin auf seinen Spaziergängen, akzeptiere seine Leidenschaft. Sie habe aber auch schon mal schmunzelnd angemahnt, „ob wir nicht mal normal spazieren gehen können“, erzählt Stejskal lachend. Die Müllsäcke entsorgt er daheim in der eigenen Restmülltonne. Seine Nachbarn im Zweifamilienhaus hätten dagegen nichts einzuwenden. Bei Bürgermeister Manfred Ockel habe er dennoch angefragt, ob er den Müll auch beim Bauhof abgeben könne. Der habe ihn einen Kontakt vermittelt. 
Für den Müll, den er jüngst bei einer Schrebergartensiedlung in Kelsterbach fand, reichte die eigene Restmülltonne ohnehin nicht aus. Dort fand er halbe Einrichtungen von Gartenhütten. Die Sachen wurden dann während des jüngsten „Beach Clean Up“ – einer jährlichen Aufräumaktion – von dem Kelsterbacher Kommunalbetrieb abgeholt. Er sammelt den Müll der Umwelt zuliebe auf. „Ich hätte es schon gerne, dass der Planet ein kleines Bisschen länger bleibt“, sagt Stejskal. Er könne mit seinen Aktionen dazu beitragen, auch wenn er nur an einem kleinen Schräubchen drehe. Sein Appell an die Bevölkerung lautet: „Nehmt euren Müll mit“. 
Stejskal, der seine Brötchen als Eventmanager bei einem großen Unternehmen verdient und nebenbei noch in der Band Sdunets singt und Gitarre spielt, wird durchaus von anderen Menschen beim Müllsammeln beobachtet. Einige würden seltsam schauen, weil sie denken, er sei ein Flaschensammler. Andere sprächen ihn an, ob er von der Stadt sei. „Nein“, sagt er, „ich bin ein ganz normaler Typ“. Dass sein Engagement niemand so richtig mitbekommt, sei ihm egal. Ihn würde es vielmehr freuen, wenn die Leute sagen, dass sie auch mal Müll einsammeln würden.

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