Im Team klappt es prima

Blindenfußball in der Rot-Weiß-Fußballschule vorgestellt

ENGE BALLFÜHRUNG ohne etwas zu sehen? Jens Pleier zeigte in der Rot-Weiß-Fußballschule, wie das geht. (Foto: Martin)

Mörfelden-Walldorf. Was, wenn ich Fußballspielen möchte, aber eine starke Sehbehinderung habe oder sogar blind bin? Geht das? Einen erfahrungsreichen Tag mit dem eindrucksvollen Blindenfußballer Jens Pleier bot die Fußballschule Rot-Weiß Walldorf.

„Mist, der Ball ist weg.“ Kaum zu sagen, wie oft der missmutige Ausruf am Donnerstag auf dem Rasen des Sportvereins Rot-Weiß Walldorf zu hören war. Eben war er dem fußballbegeisterten, elfjährigen Jeremy entschlüpft, der zu den Teilnehmern der Ferien-Fußballschule gehört, die an diesem Mittag Blindenfußball trainierten.
„Blind Fußball zu spielen, geht das überhaupt? Du siehst doch gar nichts“, rief Yllan (10) perplex aus, als sich die Jungs und Mädchen zwischen 5 und 13 Jahren zur Fragerunde vor dem Spiel mit Blindenbrille versammelt hatten. Martin Hoffmann, stellvertretender Jugendleiter der Sparte Fußball bei Rot-Weiß, hatte als Gäste des erlebnisreichen Tags den Würzburger Blindenfußballer Jens Pleier sowie den assistierenden Sportstudenten Philip Wegmann begrüßt. Die beiden waren Dank Sponsoring der Telekom vor Ort. Sie führt das Angebot „Blindenfußball“ in Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und dem Deutschen Behindertensportverband (DBS) durch.
„Unser Vereinspräsident Manfred Knacker ist Geschäftsführer einer Mobile-GmbH, die mit der Telekom zusammenarbeitet – so konnte er den Kontakt herstellen. Der Aktionstag Blindenfußball wird von Vereinen bundesweit viel nachgefragt“, freute sich Martin Hoffmann, dass ein Termin mit dem Blindenfußballer Pleier gefunden werden konnte. Der junge Sportler aus Würzburg begann 2008 über das Berufsförderungswerk mit aktivem Blindenfußball und engagiert sich nun auch im Projekt „Neue Sporterfahrung“.
Beeindruckt sahen die Teilnehmer der Fußballschule zu, wie Jens Pleier den Ball in engem Fußkontakt dribbelnd über den Rasen zum Tor bewegte. Das ging erstaunlich flott, ging sicher voran, denn Wegmann gab den „Guide“ ab und lenkte Pleier zielsicher zum Tor, in das er dann den Ball mit Karacho hinein donnerte. „Wer nichts sieht, braucht einen Stellvertreter, der für ihn die Augen offenhält und ihn mittels Zuruf lenkt“, erklärte Wegmann die Funktion des „Guide“. Zudem befänden sich im Inneren des Lederballs beim Blindenfußball – seit 2004 paralympische Disziplin – kleine Glöckchen, die klimpernd die Roll- oder Flugrichtung anzeigen, fügte er hinzu.
Fasziniert hörten die Kinder Wegmanns Ausführungen an, fragten: „Ist der Trainer auch blind?“ (Natürlich nicht), „Und der Schiedsrichter?“ Antwort: „Nein. Er greift auch ins Spiel ein, wenn der Ball irgendwo rumliegt.“ Beim Ausprobieren des Blindenfußballs in Zweierteams – ein Spieler mit Blindenbrille und Kopfschutz sowie ein Anleiter – wurde deutlich, dass das Spiel den engen, vertrauensvollen Kontakt braucht. „Allein schaffst Du es nicht, im Team geht’s prima“, so das Fazit.
„Hier, hierher, hier bin ich“, schallten die Zurufe der Guides über den Platz. Mancher Spieler mit Blindenbrille hatte Probleme, den Ball dicht am Fuß zu halten: „Wo ist der Ball? Mist, der Ball ist weg.“ Denis (10), angeleitet von Kumpel Yllan (10), schob abschließend die Blindenbrille hoch, meinte, es sei eine merkwürdige Erfahrung, nichts zu sehen. „Ich hatte das Gefühl, gleich renn ich irgendwo gegen.“
Thomas Huxhorn, einer der Jugendtrainer, betonte: „Es geht darum, Neues erfahrbar zu machen. Unser Vereinskonzept steht für Integration – sowohl was Kinder aller Nationalitäten betrifft als auch Behinderte. Wir haben die Mädchen und Jungs auf den Aktionstag Blindenfußball vorbereitet, haben über Anderssein und Gemeinsamkeiten gesprochen.“ Fußballer Tom (9), der bei Rot-Weiß seit seinem fünften Lebensjahr aktiv ist, meinte nachdenklich: „Ich finde es gut, dass Menschen, die eine Behinderung haben, nicht aufgeben. Und auch Spaß am Leben haben – zum Beispiel am Sport.“ Der Blindenfußballer Jens Pleier gab für die Jugend ein beeindruckendes Vorbild ab. (cha)

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