Neue Technik soll Lärm reduzieren

Satellitengesteuertes GBAS ermöglicht neue Anflugrouten

SERIENMÄSSIG mit GBAS ausgestattet sind die Boeing 747–800 und der A-380. Das System ermöglicht bis zu 49 präzisierte Landeverfahren, außerdem ist der lärmreduzierende Anflug mit erhöhtem Gleitwinkel von 3,2 Grad auf allen Bahnen möglich. (Foto: Scherer)

Rhein-Main. Eigentlich war es ein ganz normaler Landeanflug, von außen betrachtet nichts Besonderes. Gemächlich schwebte am vergangenen Mittwoch gegen 14.30 Uhr die 747–800 aus Mexiko über Frankfurt ein und landete auf der Südbahn des Airports. Doch in der Lufthansa-Maschine und am Boden kam bei dieser Landung erstmals hochmoderne Technik zum Einsatz, die vor allem die von Fluglärm geplagten Kommunen rund um den Airport entlasten soll.

Denn das Flugzeug – ausgerechnet eine der Maschinen, die zum WM-Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft in „Siegerflieger“ umbenannt wurden – landete mit Hilfe des satellitengestützten Präzisionsanflugsystems GBAS (Ground Based Augmentation System). Einen „Meilenstein“ nannte der Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung (DFS), Robert Schickling, die Einführung des Systems an einem internationalen Drehkreuz in Europa.
Vor rund 16 Monaten hatten die DFS, die Fraport AG und die Lufthansa einen Kooperationsvertrag unterschrieben, mit dem die Entwicklung und Einführung von GBAS vorangetrieben wurde. Die Kosten für den Aufbau sowie die Nutzung der Bodenstation auf dem Flughafengelände belaufen sich auf rund fünf Millionen Euro.
GBAS basiert auf dem satellitengestützten GPS-Navigationsverfahren, ist jedoch viel genauer als die Navigationsgeräte in Autos. Empfangen werden die von Satelliten kommenden GPS-Positionsdaten von vier Antennen, die auf dem Flughafengelände westlich der Startbahn West stehen. Die Daten werden an das Rechenzentrum der GBAS-Bodenstation gesendet, mit der eigenen Position verglichen und als korrigiertes Signal mit den Anflugkoordinaten über eine VDB-Antenne an das Flugzeug weitergeleitet.
Das neue Präzisionsanflugsystem soll künftig lärmreduzierte Anflüge ermöglichen. Mittelfristiges Ziel ist eine Anhebung des Anfluggleitwinkels bei Landungen von 3 auf 3,2 Grad auf allen Bahnen des Airports. Bisher ist dies nur auf der Nordwest-Landebahn möglich. Erst in einigen Jahren sollen dank GBAS durch segmentierte, gekurvte Anflüge dicht besiedelte Wohngebiete umflogen werden können.
Fraport-Chef Stefan Schulte betonte bei der Vorstellung des Systems, dass man mit GBAS einen lärmmindernden Akzent setzen wolle. Der Flughafen habe einen Mobilitätsauftrag; das Bedürfnis der Bevölkerung zu fliegen wachse. Dies bringe aber auch Belastung für die Menschen rund um den Flughafen mit sich, so Schulte. „Mit GBAS unterstreichen wir einmal mehr unsere internationale Vorreiterrolle bei der Umsetzung von neuen Technologien und setzen konsequent einen weiteren Punkt aus dem Maßnahmenpaket der Allianz für Lärmschutz um.“
Gleichzeitig räumten die Verantwortlichen ein, dass zunächst alle Flugzeuge mit den entsprechenden Bordempfängern ausgerüstet werden müssten, damit das System auch umfassend genutzt werden könne. Das ist mit hohen Investitionskosten für die Airlines verbunden.
Laut Lufthansa-Vorstandsmitglied Kay Kratky sind zurzeit die Langstreckenflotten Boeing 747–800 (19 Stück) und der Airbus A-380 (15 Stück) serienmäßig mit GBAS ausgestattet. Die meisten Flieger, die derzeit am Frankfurter Flughafen landen, nutzen allerdings noch das Instrumentenlandesystem (ILS). Gerade mal vier Prozent aller Flugbewegungen im Jahr 2013 wurden mit Fliegern absolviert, die mit einem GBAS-Bordempfänger ausgestattet waren. Bis 2025, so das Ziel, sollen über die Hälfte der jährlichen Flugbewegungen mit GBAS abgewickelt werden.
Fraport, Lufthansa und die DFS erhoffen sich von dem neuen System auch Kosteneinsparungen. So kann eine einzige GBAS-Anlage bis zu 49 Anflüge auf den verschiedenen Landebahnen koordinieren. Sei das satellitengestützte Präzisionsanflugsystem erst einmal Standard am Flughafen, brauche man im Gegensatz zum ILS keine regelmäßigen nächtlichen Vermessungsflüge mehr, betonte Schulte. Durch die Vielfalt der Anflugmöglichkeiten könne man zudem neue Anflugrouten entwickeln, die die Anwohner des Flughafens entlasten.
„Mit GBAS beginnt ein neues Zeitalter in der Flugnavigation“, so Robert Schickling. Langfristig, ist der DFS-Geschäftsführer überzeugt, werde das neue System auch über den Frankfurter Flughafen hinaus eine weitreichende Bedeutung erlangen .(nad)

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