Nachts eine Rampe gebaut

Kollektiv „Barrierefrei und Spaß dabei“ moniert Missstände

ILLEGALE BAUARBEITEN: An der Walldorfer Trauerhalle hat ein anonymes Kollektiv eine Rollstuhlrampe betoniert. Die Stadt will die Rampe wieder entfernen lassen. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. In einer nächtlichen Aktion ist auf dem Walldorfer Friedhof eine Rollstuhlrampe gebaut worden. Ein anonymes Kollektiv war in der Nacht zum Sonntag an der Trauerhalle mit Beton am Werk und will damit auf die Themen Barrierefreiheit und Inklusion aufmerksam machen. In einem Schreiben wird angekündigt, dass weitere Aktionen folgen sollen.

Im Bauamt wurde man erst durch einen Hinweis des Freitags-Anzeiger auf den Vorfall aufmerksam. Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) erklärte auf Nachfrage, dass die Rampe wieder entfernt werde. Sie sei unsachgemäß und unerlaubt angebracht worden. Außerdem habe sich das Parlament bereits mit dem Thema beschäftigt und eine Rampe für den Haupteingang der Trauerhalle abgelehnt, so Becker.
Im letzten Sommer hatte die DKP/Linke Liste einen Antrag mit der Forderung nach einem behindertengerechten Zugang in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Im Parlament erklärte Becker damals, dass die Räumlichkeiten hinter dem Haupteingang zu beengt und nicht für Rollstuhlfahrer geeignet seien. Der Bürgermeister verwies daher auf den Seiteneingang, durch den man mit einem Rollstuhl fahren könne. Der Vorstoß der DKP/LL wurde mit der Mehrheit der Koalition aus SPD und Grünen abgelehnt.
Das anonyme Baukollektiv, das sich selbst „Barrierefrei und Spaß dabei“ nennt, wollte sich damit offenbar nicht abfinden. „Barrierefreiheit wird in unserer Doppelstadt nur zögernd verwirklicht“ heißt es in einem Schreiben. An viel zu vielen Orten werde Bürgern mit Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert oder sogar verwehrt. Wer ohne Behinderung lebe, habe dafür keinen Blick und laufe unbewusst über kleine Stufen hinweg.
Ein solches Hindernis ist nun an der Trauerhalle angegangen worden. „Unsere Materialkosten beliefen sich auf nur 70 Euro. Dabei haben wir nicht gespart. Der Zeitaufwand war auch gering“, erklärt das Kollektiv. Lange wird die Rampe aber wohl nicht Bestand haben. Schon am Dienstag war sie mit einem Flatterband gesperrt, und wie Bürgermeister Becker ankündigte, soll sie bald entfernt werden. (seb)

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