Was liegt denn da auf den Wegen?

Forstamt informiert über die Hintergründe der üppigen Buchenblüte

MIT BUCHENBLÜTEN ÜBERSÄHT sind derzeit nicht wenige Waldwege. Viele Spaziergänger haben sich beim Forstamt nach den Ursachen erkundigt. (Foto: Hammes)

Kreis Groß-Gerau. Die Buchen blühen in diesem Frühjahr besonders üppig. Weil es diesbezüglich einige Anfragen erhielt, informiert das Forstamt Groß-Gerau über die Hintergründe dieses eigentlich seltenen Ereignisses.

Welches Insekt denn diese auffälligen Schäden verursache, fragte etwa ein besorgter Anrufer beim Forstamt nach. Es sei doch ungewöhnlich, dass Bäume, gerade erst ausgetrieben, so früh wieder die Blätter abwerfen. Oder sei dies vielleicht die Folge von Trockenheit, weil die Baumkronen braun sind? Was da genau in großen Mengen von den Bäumen rieselt, könne er nicht genau sagen. Die Waldwege seien jedenfalls davon vollkommen bedeckt.
Wie das Forstamt mitteilt, häufen sich derartige Anrufe momentan. Die Mutmaßungen über das seltsame Material, welches da von den Bäumen abfällt, reichten von Hinterlassenschaften blattfressender Insekten bis hin zu einem vom Forstamt möglicherweise aufgebrachten, neuen Staub hemmendem Wegebaumaterial.
 Die wahre Herkunft dieser „Ablagerungen“ ist allerdings ein ganz natürlicher Vorgang, informiert Forstamtsleiter Wolfram Hammes. Es handele sich nämlich um die welkenden männlichen Blüten der Buche. Der Anblick der flächigen Blütenteppiche, welche die Waldwege aktuell in ein helles Braun tauchen, sei allerdings auch für Forstleute etwas Besonderes. Die sogenannte Buchenmast, wie die stark ausgeprägte Blüte dieser Baumart im Fachjargon genannt wird, ist im Schnitt nur alle fünf bis zehn Jahre zu beobachten und somit eigentlich eine Ausnahmeerscheinung.
So steht es zumindest in den forstlichen und botanischen Lehrbüchern. „Diese Aussage muss infolge des Klimawandels allerdings korrigiert werden“ erläutert Hammes. Heute treten diese „Masten“ viel häufiger auf, mittlerweile nahezu alle zwei bis vier Jahre. Zuletzt seien vergleichbare Vorgänge bei der Buche 2014 und 2012 zu beobachten gewesen. Dies seien direkte und sichtbare Folgen des Klimawandels, so der Forstamtsleiter. Die Blüte der Waldbäume werde nämlich maßgeblich durch trockene und warme Sommertemperaturen des Vorjahres stimuliert, wenn die Knospen angelegt werden. Und seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren die zurückliegenden Jahre allesamt außergewöhnlich warm.
Auf der einen Seite bilde dieser Vorgang eine Grundlage für die natürliche Verjüngung der Wälder. Wenn man sich allerdings vor Augen führe, dass Masten in der Regel dann auftreten, wenn Buchen extremen Wetterbedingungen ausgesetzt sind, rücke das Phänomen in ein anderes Licht, etwa nach Wilhelm Busch „Und jedes legt noch schnell ein Ei, und dann kommt der Tod herbei.“ Die Blüten- und Samenbildung zehre nämlich erheblich an den Kräften der Bäume. Insofern stünden Förster dieser Erscheinung mit ambivalenten Gefühlen gegenüber, schreibt Hammes.
Hitze und Trockenheit würden bei den Pflanzen eine Art Notfallprogramm aktivieren, welches das reguläre Wachstum zurückfahre und Maßnahmen zum Fortbestand der Art einleite. In Jahren mit Wetterextremen legen die Buchen somit verstärkt Blütenknospen an. Hieraus entwickeln sich im folgenden Frühjahr die gut sichtbaren, circa vier Zentimeter langen, gestielten männlichen Blütenorgane, die Pollen produzieren. Diese verbreitet der Wind zu den mehr oder weniger unscheinbaren und deutlich kleineren weiblichen Blüten. Nach erfolgter Befruchtung bilden sich darin die Samen, beziehungsweise Bucheckern. Nur die befruchteten weiblichen Blütenorgane verbleiben bis zum Herbst an den Zweigen. Die männlichen Fortpflanzungsanlagen haben dagegen bereits im Frühjahr ihre Aufgabe erfüllt, werden abgeworfen und landen dann in Massen auf dem Waldboden und den Wegen. Auf diese Weise kündigen sie eine herbstliche Buchenmast an.
„Die Natur stellt uns auf diese Weise praktisch kostenlos ein immenses Verjüngungspotential zur Verfügung“ erläutert Wolfram Hammes und verweist darauf, dass in solchen Jahren mit über einer Million Bucheckern pro Hektar Waldboden gerechnet werden kann. „Selbst wenn ein Großteil von Vögeln, Mäusen, Rehen und Hirschen gefressen werden sollte, ist die verbleibende Zahl für die Bildung einer neuen Waldgeneration immer noch ausreichend“ führt Hammes weiter aus.
Freilich würden auch die Wildschweine von diesen Vorgängen profitieren. Durch die im Überfluss vorhandenen und zudem sehr energiereichen Bucheckern verbessere sich das Nahrungsangebot der Schwarzkittel erheblich und damit auch deren Vermehrung. Insofern werde das Forstamt die Bejagung der Wildschweine im kommenden Herbst weiter intensiv betreiben müssen. (gk)

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