Hier weiß ein jeder, was er zu tun hat

Seit 250 Jahren gibt es die Bäckerei Möser im Unterdorf

IN DER BÄCKEREI alles im Griff haben Gerlinde Möser (rechts) und Elfi Schmidt. (Foto: Postl)

Kelsterbach. Es ist 23 Uhr, eine Gruppe Kelsterbacher macht sich nach einem Gaststättenbesuch auf den Weg nach Hause. „Guck mal, da brennt noch Licht“, zeigt jemand aus der Gruppe auf die Backstube der Bäckerei Möser in der Mainstraße. Wenn die meisten sich ins Bett legen, beginnt für Thomas Fuchs der Arbeitstag. „Ich mache zuerst den Teig für das Urbrot, denn der muss eine Weile gehen. In der Zwischenzeit bereite ich andere Sachen vor“, erklärt Thomas Fuchs.
 

Später stößt noch Markus Hack dazu, er macht das Steinofenbrot. „Und bald wird auch der Chef kommen“, blickt der Bäckereimitarbeiter auf die Uhr. Spätestens um 1 Uhr steht Konditormeister Norbert Möser in der Backstube und kümmert sich um die Herstellung von Torten und anderen leckeren Sachen. So funktioniert das Zusammenspiel bereits seit vielen Jahren.
Draußen ist es still, drinnen in der Backstube der Bäckerei Möser geht es dafür umso lebhafter zu. Auch wenn die Bäckerei in diesen Tagen ihr 250-jähriges Bestehen feiert, muss der Betrieb weitergehen.
„Hier weiß jeder, was er zu tun hat“, meint Norbert Möser. Mittlerweile ist der Teig für das beliebte Urbrot, eine Spezialität der Bäckerei Möser, soweit fertig, dass er portioniert und geformt werden kann. Dann schiebt Thomas Fuchs die Brote in den vorgeheizten Backofen. „Das dauert jetzt eine gute Stunde, dann sinkt auch die Temperatur wieder von 280 auf rund 240 Grad“, erklärt Fuchs. Nach einem Schluck Kaffee geht es weiter.
Nebenan hat Markus Hack, die Backmischung für das Steinofenbrot in das Rührwerk gegeben. Er muss nun entscheiden, wann die richtige Konsistenz erreicht ist, der Teig darf nicht zu zäh aber auch nicht zu weich sein.
Ein Blick in den Ofen verrät, die Kruste der Urbrote ist schön dunkel, sie sind fertig durchgebacken. Der frische Brotduft durchströmt die Backstube. „Das ist für einen Bäcker das Schönste“, strahlt Thomas Fuchs, während er die heißen Brote aus der Tiefe des Backofens zieht. Im schnellen Wechsel werden die Steinofenbrote hinein geschoben. Klappe zu, Temperatur einstellen und wieder warten. Doch warten bedeutet keine Ruhepause, die Bäcker bereiten die bestellten Brötchen vor.
In seinem Reich hat Konditormeister Norbert Möser die ersten Torten fast fertig. „Jetzt kommt das fürs Auge“, scherzt der Konditormeister und greift sich eine Fünf-Liter-Packung mit Schlagsahne. Genau abgemessen werden nun sowohl die flüssigen als auch die pulverisierten Zutaten für die Erdbeer-Sahne-Torte.
Die fertige Sahnecreme wird rundherum aufgetragen und glatt gestrichen. Dann folgt ein Aufdruck mit dem Einteiler, so wird der Markierer für die Tortenstücke genannt. Gekonnt setzt Norbert Möser mit dem Einwegspritzbeutel noch auf jedes Tortenstück ein Sahnehäubchen und legt eine halbe Erdbeere oben drauf. „Das Auge isst ja bekanntlich auch mit“, erklärt der Konditormeister, der ganz akkurat arbeitet.
„Jetzt muss ich aber los!“, blickt Möser auf die Uhr und braust mit dem bereits beladenen Kleintransporter davon. Die erste Lieferung geht zum Frankfurter Flughafen, dann in verschiedene Hotels. „Alle wollen möglichst frische Brötchen“, so der Firmenchef. Danach werden die Verkaufsstellen beliefert.
Mittlerweile ist es 5 Uhr morgens und es regt sich was im Verkaufsladen an der Mainstraße. Dort bestücken Elfi Schmidt und Gerlinde Möser die Verkaufsregale. „Wir öffnen um 6 Uhr, doch meist stehen schon einige Leute vorher vor der Tür“, schildert Gerlinde Möser den täglichen Ablauf. Und so wird auch an diesem Tag schon ein paar Minuten vorher die Tür geöffnet.
„Bitte eine Tüte mit drei Croissants und zwei Brötchen, dann noch eine andere mit einem Croissant, zwei Kaffeestücken und ein kräftiges Vollkornbrötchen – das ist für meine Kollegen“, meint eine junge Frau. Mit einem „Coffee to go“ in der Hand verlässt sie den Laden. Viele Kelsterbacher sind Stammkunden und Schmidt befüllt schon viele Tüten, bevor die Bestellung überhaupt ausgesprochen wurde.
Vor 250 Jahren, genau am 17. Mai 1762, wurde die Bäckerei von Johann Peter Möser gegründet. Er zog mit seiner Frau Maria Magdalena aus Groß-Rohrheim an den Untermain. Um damals in die Kelsterbacher Bürgerschaft aufgenommen zu werden, musste er acht Gulden Einzugsgeld bezahlen, ferner einen Baum pflanzen und einen Eimer zum Löschen eines eventuellen Brandes spendieren. Damit ist die Bäckerei Möser heute das älteste Unternehmen in Kelsterbach.
Eine Besonderheit aus der Vergangenheit erfreut die Mösers heute noch. Philipp Möser legte sich damals ein Auto zu, um seine Brote auszuliefern – obwohl er keinen Führerschein hatte. Dafür sprang der Fuhrunternehmer Wagner in die Bresche und fuhr die Brote an die Kundschaft aus. Der hatte zwar einen Führerschein aber kein Auto.
Die Zukunft des Familienunternehmens scheint für die nächsten Jahre gesichert. Wenn alles nach Plan verläuft, wird Katrin, die Tochter von Norbert und Gerlinde Möser, die Bäckerei weiterführen. (pos)

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