In Sicherheit aufwachsen

Grillfest statt Begegnungscafé: Nur wenige Bürger schauen vorbei

BASTELSPASS: Das Spielmobil der städtischen Jugendförderung machte Station beim Grillfest. (Foto: Scherer)

Kelsterbach. Deftiges vom Grill, Pfannkuchen aus Äthiopien und frisches Fladenbrot – ein gemütliches Grillfest für Flüchtlinge und Bürger gab es auf dem Gelände der Karl-Krolopper-Schule. Veranstalter waren die ehrenamtlichen Helfer des Begegnungscafés und des Runden Tisch Asyl. Während viele Flüchtlinge das Angebot wahrnahmen, war die Teilnahme auf Seite der Kelsterbacher Bürger etwas verhalten.
Einmal im Monat gibt es ein von ehrenamtlichen Helfern organisiertes Begegnungscafé. Zuerst fand es immer in den Räumen der freikirchlichen Petrusgemeinde statt, seit drei Monaten wechseln die Standorte. Passend zum sommerlichen Wetter gab es nun erstmals ein gemeinsames Grillfest.

„Wir wollen einfach mal etwas Neues ausprobieren“, sagte Franz Neufing, der seitens der Stadt die Flüchtlingshilfe mit koordiniert. So habe es im letzen Monat einen mit rund 90 Personen gut besuchten Spielenachmittag im katholischen Gemeindezentrum gegeben. „Da hatten auch die Erwachsenen ihren Spaß.“
Als Treffpunkt habe man zunächst einen Grillplatz im Südpark ausgesucht, dann jedoch die Veranstaltung auf das Gelände der Karl-Krolopper-Schule verlegt, sagte Agneta Becker, eine der vielen ehrenamtlichen Helferinnen.
Tatsächlich war das Grillfest gut besucht, über 50 Gäste, darunter viele Familien aus Syrien, Pakistan, dem Irak und Eritrea. Allerdings sei sie zu den Unterkünften gefahren und habe die Menschen persönlich eingeladen, so Becker. Etwas schwierig sei es, die deutsche Klientel für die Begegnungscafés zu begeistern. Abgesehen von den engagierten Helfern sei die Resonanz bei den Bürgern bisher eher schwach, bedauerte Becker.
Beim Grillfest war auch die städtische Jugendförderung mit dem Spielmobil vor Ort. Für die Kinder gab es ein großes Spiel- und Bastelangebot, so konnten unter anderem Bilder ausgemalt und Buttons gestaltet werden. Unterstützt wurde die Veranstaltung vom Kelsterbacher Market, einem türkischen Supermarkt, der Fleisch, Gewürze und Fladenbrot gespendet hatte.
Andere Gäste hatten Salate und heimische Spezialitäten beigesteuert, wie Yewbdar Karnapke. Sie hatte Pfannkuchen aus Teff-Getreide mit scharfer Soße mitgebracht – eine Spezialität aus Äthiopien. „Das ist sogar glutenfrei.“ Karnapke engagiert sich seit einigen Monaten in der Flüchtlingshilfe. „Ich will einfach nur helfen wo ich kann.“ Sie selbst verließ Anfang der 1980er Jahre ihre Heimat. Nun hilft sie als Dolmetscherin aus und unterstützt vor allem Flüchtlinge aus Eritrea beim Übersetzen von Briefen und bei Behördengängen, da beide Nationen die gemeinsame Sprache verbindet. Sie wisse selbst, wie schwer es sei, in einem fremden Land zu leben, wenn man die Sprache nicht beherrsche.
Der Grill war derweil fest in syrischer Hand. Hier würzten Jamil Abdo, Mohammed Baker, Haji Nizar, Mohammed Rezan und Mohammed Amer das Fleisch und grillten im Akkord Würstchen und Hähnchenschenkel für die Gäste.
Seit einem Jahr lebt Jamil Abdo mit seiner Frau Kadifa und den beiden noch kleinen Kindern Ayleen und Ibrahim in Kelsterbach. Die Familie aus Aleppo hat Asyl erhalten und darf in Deutschland bleiben. „Wir sind froh und dankbar, dass uns die Menschen hier aufgenommen haben“, erklärte Jamil Abdo, der seit einem Jahr Deutsch lernt. Man bekomme von den Kelsterbachern viel Unterstützung, so der 38-Jährige. Vor allem der Kinder wegen habe er seine Heimat verlassen. Hier in Deutschland könnten sie zur Schule gehen und in Sicherheit aufwachsen. (nad)

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