Kelsterbach wirbt für faire Produkte

Stadt mit Infostand auf dem Wochenmarkt vertreten

Der bisherige Fair-Trade-Beauftragte der Stadt, Thorsten Schreiner, zeigt eine Tasche aus recyceltem Plastik, das aus den Meeren gefischt wurde. (Foto: Erlenbach)

Kelsterbach (erl). Seit einigen Jahren ist Kelsterbach als „Fair Trade Town“ zertifiziert. Das ist nicht nur ein Titel, sondern bringt auch Verpflichtungen mit sich. So soll sich die Verwaltung unter anderem für fair gehandelte Produkte einsetzen, die umweltschonend hergestellt wurden, bei denen keine Kinderarbeit und keine Ausbeutung schlecht bezahlter Arbeitskräfte im Hintergrund gibt.

Zudem ist die Stadt auch Mitglied im Verein „Rhein-Main-Fair“, in dem sich Kommunen aus der Region zusammengeschlossen haben, die beim fairen Handel das gleiche Ziel verfolgen. Die Zertifizierungen müssen übrigens alle zwei Jahre neu beantragt werden und die Kommunen bestimmte Kriterien erfüllen, wie beispielsweise öffentlich für Fair Trade zu werben, was die Stadt am vergangenen Freitag auf dem Wochenmarkt vor dem Rathaus getan hat. Thorsten Schreiner, neben dem Datenschutz bei der Verwaltung auch Fair-Trade-Beauftragter, hatte den Stand gemeinsam mit seiner Nachfolgerin, Anika Fabijanic, aufgebaut, die im städtischen Presseamt arbeitet. Denn Schreiner ist inzwischen in den Vorstand von Rhein-Main-Fair berufen worden und hat deshalb seine Aufgabe bei der Stadt an Fabijanic übergeben. Beide hatten an ihrem Stand nicht nur Werbematerial ausgelegt, sondern auch einige fair hergestellte Produkte parat. Ein kleines Gläschen Pesto zum Beispiel, eine Chili-Soße, oder auch fair hergestellte Schokolade.

Auf bestimmte Label an den Kleidungsstücken achten 

Beim ersten Blick fiel auf, dass diese Waren deutlich teurer sind als ähnliche Produkte im Supermarkt. Aber das müsse nicht unbedingt sein, so Fabijanic, die an diesem Tag einen fair hergestellten Rock trug, der in einem Spezialgeschäft für fair gehandelte Produkte nicht mehr gekostet habe, als in einem regulären Bekleidungshaus. Kürzlich habe sie in einem Eine-Welt-Laden einen fair hergestellten Seidenschal gesehen, der ebenfalls nicht teurer als ein Exemplar aus dem Modehaus gewesen sei.
Fabijanic gab zu bedenken, dass zum Beispiel in Indien vor allem Frauen und Kinder in der Regel zwölf Stunden am Tag fast ohne Pause arbeiteten und dabei so wenig Geld verdienten, dass sie davon kaum leben können und nicht einmal eine Krankenversicherung haben. Gleiches gelte für Kaffeebauern, die für ihren Kaffee oft so wenig Geld bekämen, dass sie kaum überleben können. Nur, damit der Kaffee bei uns zu Sonderpreisen in den Regalen stehen kann. Viele Modeketten bezögen einen Teil ihrer Kollektion aus solchen Produktionen. Wer das nicht wolle, sollte beim Einkauf auf bestimmte Label an den Kleidungsstücken achten, die diese als fair hergestellt ausweisen.
„Alle Menschen beschreiben sich als sozial und warmherzig, sind aber nicht bereit, für fair gehandelte Waren einen Euro mehr zu zahlen“, sagte Fabijanic. Wobei bei den derzeitigen Preissteigerungen viele Menschen das Geld wohl nicht übrig haben, um fair gehandelte Produkte in größerem Umfang zu kaufen. Schließlich melden die Einkaufsmärkte auch deutlichen Rückgang bei Bio-Waren, die ebenfalls etwas teurer sind als nicht biologisch produzierte Waren. Thorsten Schreiner zeigte derweil seine Fahrradtasche. Die sei aus Plastik hergestellt, das aus den Meeren gefischt wurde. Zwar etwas teurer als eine herkömmliche Tasche, dafür aber robust und sehr gut verarbeitet, betonte Schreiner. Immerhin fanden sich an dem Stand auf dem Wochenmarkt immer wieder Interessenten ein, die Informationsmaterial mitgenommen haben. Vielleicht, so die Hoffnung der Organisatoren, führe das bei einigen zu einem Umdenken.
Fairtrade
Seit November 2015 darf sich Kelsterbach Fairtrade-Stadt nennen; damals wurde die Stadt als 375. Kommune in Deutschland zertifiziert. Drei Jahre zuvor hatte sich eine Lenkungsgruppe aus Verwaltungsmitarbeitern, Magistratsmitgliedern, Vertretern der Kirchengemeinden, der Parteien sowie der Vereine und Schulen gegründet, die auf eine Fairtrade-Zertifizierung hinwirken wollte. Fünf Kriterien müssen erfüllt sein: der politische Beschluss, die Gründung der Steuerungsgruppe, die Einbindung des lokalen Handels und der Gastronomie sowie der Zivilgesellschaft über Schulen oder Vereine und eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit. Aktuell gibt es 805 Fairtrade-Towns. Kelsterbach ist auch Mitglied im Netzwerk Rhein.Main.Fair, das sich über Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz erstreckt und für fairen Handel und nachhaltige Entwicklung einsetzt.
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