Gegen zusätzliche Stadträte

Bürgerinitiative sammelt bis 31. Juli Stimmen für einen Bürgerentscheid

Kelsterbach.  „Auf die Idee mit dem Bürgerentscheid hat mich ein Roter gebracht“, sagt Eleonore Wagner lächelnd. Mit „Roter“ meint sie einen Politiker der SPD, der ihr wohl lapidar riet, die Bürger auch wegen der beschlossenen Erweiterung des Magistrats zu den Urnen gehen zu lassen, wie damals beim Flughafenvertrag. Wagner griff die Idee auf und setzt sie nun gemeinsam mit den beiden anderen Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens, Paul Stein und Stefanie Riedel, um.
 

Am vergangenen Freitag sammelte die Bürgerinitiative „Für ein liebenswertes Kelsterbach“ auf dem Wochenmarkt fleißig Unterschriften gegen den Parlamentsbeschluss, je eine weitere ehrenamtliche und hauptamtliche Stadtratsstelle zu schaffen. Die entsprechende Änderung der Hauptsatzung wurde am 25. Juni mit Stimmen der SPD und der Freien Wähler verabschiedet.
Außer Riedel und der WIK-Stadtverordneten Wagner sammelten auch Michael de Frênes (CDU), Stadtverordnetenvorsteherin Helga Oehne (CDU), Jens Wiegand (Die Linke), Francisco Corro (CDU) und weitere Helfer Stimmen.
Ihr gemeinsames und eigentliches Ziel sei es, erklärten Wagner, Wiegand und Corro unisono, eine weitere hauptamtliche Stelle im Magistrat zu verhindern, die ihrer Meinung nach viel Geld kosten würde, sie sprechen von einem sechsstelligen Betrag. Ein anderes, deckungsgleiches Ziel ist wohl, so war herauszuhören und ist auf einem Flugblatt zu lesen, den  wahrscheinlichen Kandidaten, Ayhan Isikli, Parteichef der Freien Wähler und Vorsitzender des Ausländerbeirats, zu verhindern. Isikli ist innerhalb seiner türkischen Gruppierung geschätzt, außerhalb weniger bis eher nicht, schon gar nicht bei Bürgerinnen und Bürgern anderer ausländischer Nationen.
„150 Stimmen haben wir bereits“, tönt es aus dem kleinen Infostand, wo Marktbesucher und andere Passanten an einem der Stehtische unterschreiben. Sicher ist man sich nicht, ob das Gros dieser Stimmen sich nun wirklich gegen die Stadtratsstelle(n) oder hauptsächlich gegen Isikli richtet. Aber es läuft! Rund tausend Stimmen, ein Zehntel der wahlberechtigten Bürger, müssen die Vertrauensleute sechs Wochen nach dem Parlamentsbeschluss vorlegen. „Vorsichtshalber“, so Jens Wiegand, „sollten es aber eher 1500 Stimmen sein.“ Wagner und Wiegand sind guten Mutes, dass sie diese bis Anfang August zusammenhaben.
Gelassen bleibt dagegen die SPD, die sich am Montag während ihrer Fraktionssitzung auch dieses Themas annahm. Die Einleitung eines Bürgerbegehrens sei rechtlich in Ordnung, erklärte Fraktionschef Jürgen Zeller, die SPD habe da überhaupt keine Probleme damit. Man werde abwarten, was die rechtliche Prüfung bringe – und wenn es dann zu einem Bürgerentscheid kommt, die SPD blickt dem ruhig und eher „cool“ entgegen.
Kelsterbachs Bürgermeister, Manfred Ockel, antwortete dem Freitags-Anzeiger einen Tag vor seinem Urlaubsantritt auf dessen Mailanfrage. Ob das Bürgerbegehren rechtens sei, werde überprüft werden, dazu könne er sich fachlich nicht äußern. Die Änderung der Hauptsatzung werde aber erst wirksam, wenn sie veröffentlicht sei. Über die Veröffentlichung werde nun erst nach einer rechtlichen Prüfung und einem eventuellem Stadtverordneten‧be‧‧schluss ent‧‧‧‧schieden, „so dass so lange die Aufstockung ruhen wird.“
Zur Begründung des Bürgerbegehrens gegen zusätzliche Stadträte gibt der Initiator, die Bürgerinitiative Kelsterbach „Für ein lebenswertes Kelsterbach“, an: Die Schaffung eines zusätzlichen hauptamtlichen Stadtrates sowie eines ehrenamtlichen Stadtrates sei mit erheblichen Kosten verbunden. Je nach Ausstattung – Sekretärin, Dienstwagen – gehe es um mehrere hunderttausend Euro. Die Stadt befände sich aber in einer angespannten finanziellen Lage. In den letzten Jahren seien viele Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen worden. Gemäß der mittelfristigen Finanzplanung seien bei unveränderter Haushaltslage alle Rücklagen der Stadt im Jahre 2014 aufgebraucht: Kelsterbach werde dann in seinen Entscheidungen über die freiwilligen Leistungen (z.B. Vereins- und Jugendförderung) nicht länger frei sein.
Zum Kostendeckungsvorschlag, der bei jedem Bürgerbegehren mit aufgeführt sein muss, heißt es: Für die Stadt fallen als Folge der Aufhebung des Beschlusses keine Kosten an. Das letzte Bürgerbegehren selbst kostete schätzungsweise an die 20 000 Euro. Das jetzige könnte etwas günstiger kommen, vermutet man im Rathaus.
Unterschriften sammelt die Bürgerinitiative bis zum 31. Juli an den Informationsständen freitags (Rathausvorplatz) und mittwochs (Marktplatz, Unterdorf) auf den Wochenmärkten sowie über einzelne Personen, die mit der Liste in der Hand Bürgerinnen und Bürger ansprechen.
Der CDU Stadtverband Kelsterbach unterstützt das Bürgerbegehren nicht nur aktiv an den Infoständen, sondern auch mit einer Pressemitteilung. „Wir haben bereits in der Parlamentssitzung unsere Ablehnung der Erweiterung deutlich gemacht“, so CDU-Vorsitzender Uwe Albert. (wn)

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