Endlich ungehindert am Main Rad fahren

Eröffnung der weißen Ölhafenbrücke zwischen Raunheim und Kelsterbach stößt auf großes Interesse

UNMITTELBAR NACH DER ERÖFFNUNG erobern Fußgänger und Radfahrer die neue Ölhafenbrücke zwischen Raunheim und Kelsterbach. Mit dem Bauwerk wurde eine der letzten Lücken des Mainradwegs geschlossen. Hier ist der Aufgang auf der Kelsterbacher Seite zu sehen. Siehe Bericht im Kelsterbacher Teil. (Foto: Scherer)

Kelsterbach. Ein Durchkommen war kaum möglich, mehrere Fotografen und Kameraleute drängten sich zusammen mit einigen hundert Spaziergängern und Radfahrern am Aufgang der neuen Ölhafenbrücke, wo eine offizielle, etwa halbstündige Talkrunde mit den Planern und Machern des Bauwerks ein wenig die Geduld der Gäste auf die Probe stellte. Und immer wieder der bange Blick gen Himmel: Hält das Wetter? Denn die vielen dunklen Regenwolken, die schnell über den Ölhafen zogen, versprachen alles außer Sonnenschein.
 

Obwohl es noch am Vormittag heftig geregnet hatte, ließen es sich zahlreiche Bürger aus den Städten Rüsselsheim, Raunheim und Kelsterbach nicht nehmen, am Pfingstmontag zur offiziellen Eröffnung der imposanten Ölhafenbrücke zu kommen. Bürger, Stadtverordnete und Mitarbeiter der drei Kommunen hatten trotz Nieselregens eine Sternfahrt entlang des Mainufers unternommen und waren mit Fahrrädern zur Brücke gekommen.
Die barrierefreie Brücke schließt nun endlich die Lücke des Radwegs R 3 zwischen Rüsselsheim, Raunheim und Kelsterbach. Viele konnten es kaum erwarten und legten schon vor der Freigabe eine Runde auf dem geschwungenen Bauwerk zurück – vielleicht auch deshalb, weil auf der Seite des Mönchhofgeländes die Kelsterbacher Feuerwehr schon ihren Grill angeworfen hatte und Würstchen und Bier verkaufte, während auf der Raunheimer Seite die Grillkohle noch vorheizte.
Dann wurde es offiziell und alles drängte sich zum Brückenaufgang auf der Raunheimer Seite. Dort sorgte der Shanty-Chor Rüsselsheim unter der Leitung von Sonja Guthmann mit Seemannsliedern für gute Stimmung. Nicht fehlen durfte der Hans-Albers-Klassiker „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“, der die Besucher zum Mitsingen und Schunkeln animierte. Das stimmte wohl auch den Wettergott gnädig, denn plötzlich zeigte sich auch kurzzeitig die Sonne.
Ein Jahr hat es gedauert, bis das 170 Meter lange und 375 Tonnen schwere Bauwerk fertiggestellt wurde. Fünf Millionen Euro hat die Brücke gekostet, wobei das Land Hessen mit drei Millionen Euro einen Großteil der Kosten übernahm. Die drei Kommunen steuerten je rund 600 000 Euro bei, außerdem beteiligten sich noch die Regionalpark-Gesellschaft und die Fraport Real Estate Mönchhof-Gesellschaft.
„Das Projekt war es uns wert, es mit diesem Betrag zu unterstützten“, erklärte Justizstaatssekretär Rudolf Kriszeleit, der Verkehrsminister Florian Rentsch vertrat. Das Projekt sei nicht nur ein wichtiges Radverkehrsangebot an Pendler und Erholungssuchende, sondern auch ein symbolträchtiger Brückenschlag, so Kriszeleit. „Wir haben hier gemeinsam einen Impuls für die gesamte Region gesetzt“, sagte der Staatssekretär.
Kriszeleit erinnerte daran, dass die drei Kommunen frischgebackene Landessieger der Innenstadt-Offensive „Ab in die Mitte“ zur Belebung der Innenstädte sind. Hier hatten sich die Städte unter dem Motto „Drei gewinnt – Main(e) Verbindung zur Kultur“ beworben.
„Also das Auge fährt mit“, lobte HR-Moderator Carsten Jens, der die Talkrunde mit den Verantwortlichen dirigierte, das futuristische Design der Brücke. Sie sei ein Vorteil für alle Kommunen und ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen den drei Städten.
Endlich, so Raunheims Bürgermeister Thomas Jühe, könne man ohne Unterbrechung die schönste Seite der Städte, nämlich die Mainseite, erleben. Die Ölhafenbrücke sei ein Zeichen für die seit zwei Jahren reibungslos laufende interkommunale Zusammenarbeit. „Sie ist ein Startschuss für eine Zusammenarbeit, die die Bürger noch an vielen Stellen erleben werden“, so Jühe. Da Kommunen immer mehr Kosten aufgebürdet bekämen, müsse man den Weg der interkommunalen Zusammenarbeit gehen, um Kosten zu senken.
„Mit der Brücke schließen wir eine wichtige Nahtstelle zwischen Raunheim und Kelsterbach“, so Kelsterbachs Bürgermeister Manfred Ockel. Der bisherige Weg entlang der Bundesstraße 43 sei völlig unattraktiv für Radfahrer gewesen. „Die Menschen wollen am Wasser bleiben“, so Ockel, der die Ölhafenbrücke als schwieriges Projekt bezeichnete, das man dank vereinter Kräfte umgesetzt habe.
Auch Rüsselsheims Oberbürgermeister Patrick Burghardt freute sich, dass der Lückenschluss „endlich, endlich da ist.“ Die Brücke sei sehr gut gelungen und erhöhe deutlich die Aufenthaltsqualität am Wasser, so Burghardt. Nun müsse nur noch die Lücke am Opelsteg geschlossen werden, damit ein durchgängiger Weg von Aschaffenburg bis Mainz entstehe, erklärte Burghardt.
Für Marion Schmitz-Stadtfeld von der NH ProjektStadt, die den Brückenbau koordiniert hatte, hat das Projekt eine Vorbildfunktion für ganz Hessen. „Eine Stadt allein hätte die Brücke nie gebaut. Das war nur durch die Kräftebündelung der drei Städte möglich“, betonte Schmitz-Stadtfeld.
Zufrieden war auch der verantwortliche Architekt Michael Schumacher. „Wir Architekten können schon denken, aber man muss uns auch lassen“, so Schumacher, der sich bei den Kommunen für die Gestaltungsfreiheit bedankte. Es ging jedoch nicht ganz ohne Auflagen, musste doch ein hoher Überwurfschutz her, der den Ölhafen abschirmt, damit niemand Gegenstände hineinwirft. Wie Projektleiter Norbert Reißfelder erklärte, habe das viel Kreativität erfordert.
Von der Funktionalität der Brücke konnten sich nach dem obligatorischen Durchschneiden des roten Bandes schließlich auch die vielen Besucher überzeugen. Vor allem die Kleinsten freuten sich darüber, dass Teile des roten Bandes als Andenken verteilt wurden. Ein witziger Hingucker waren die Mitglieder vom Radfahrerverein Opel 1888 Rüsselsheim, die mit historischen Hochrädern über die Brücke fuhren. Viele Besucher nutzten die Gelegenheit und deckten sich am Stand des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) mit den neusten Radwegkarten ein. Wer vom Marsch über die Brücke hungrig war, konnte sich zudem im Zelt vom DRK-Ortsverein Raunheim-Kelsterbach mit Kaffee und Kuchen stärken. (nad)

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