Dunkle Gassen wecken die Fantasie

Volksbildungswerk zeigt im Stadtmuseum Venedig-Aquarelle von Hertha Schäfer

DAS SPIEL mit Licht und Farben beherrscht Schäfer. Ihre Aquarelle kamen bei den Ausstellungsbesuchern gut an. (Foto: lsk)

Kelsterbach. „Aber zwischen zwei Palästen/Glüht herein die Abendsonne“, zitierte Hartmut Blaum ein Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer und stimmte damit auf die Venedig-Ausstellung der Künstlerin Hertha Schäfer im Stadtmuseum ein. Gezeigt werden zwanzig Aquarelle, die Schäfer während und nach Aufenthalten in Venedig gemalt hat. Die meisten dieser Bilder entstanden im vergangenen Jahr.

Schäfer experimentierte in ihren Arbeiten mit Farben und Farbstärken und schuf ganz verschiedene Szenerien, tauchte die Umgebung in helles und dunkles Licht und variierte so gekonnt die Stimmungen. Bei ihren Motiven beschränkte sich sich nicht auf die Hauptsehenswürdigkeiten wie den Markusdom, sondern lieferte auch Stimmungsaufnahmen von versteckten Gassen und kleinen Kanälen.
Die rund 25 Gäste begrüßte bei der Ausstellungseröffnung der Vorsitzende des Volksbildungswerks, Hartmut Blaum, der Schäfers Liebe zu Venedig teilt. Neben dem Gedicht „Auf dem Canale Grande“ von Meyer trug er auch „Spätherbst in Venedig“ von Rilke vor und verzichtete auf weitere ausschweifende Erklärungen.
Auch Schäfer wollte die Sicht der Betrachter nicht mit eigenen Interpretationen verstellen und forderte stattdessen die Ausstellungsbesucher auf, durch die Gedichte eingestimmt, die Bilder auf sich wirken zu lassen und in Ruhe zu betrachten.
Stadtverordnetenvorsteherin Helga Oehne war begeistert von Schäfers Aquarellen. Ihr gefiel besonders, wie das Licht in den einzelnen Szenarien festgehalten wurde. „Das Schöne ist auch, dass auf den Bildern keine Touristen sind“, stellte Bürgermeister Manfred Ockel mit einem Augenzwinkern fest. „Und ohne Kreuzfahrtschiffe“, lachte Schäfer, die das Problem des Massentourismus in Venedig kennt. Sie besuche immer ein ruhig gelegenes Kloster, von dem aus eine überschaubare Gruppe Künstler mit einem Lehrer zusammen die Stadt und Umgebung erkunde und male.
Lilo Müller, die Schäfer in die Lagunenstadt begleitete, schwärmte ebenfalls. Gerade das Viertel San Polo, das viele als Wohnort des fiktiven Commissario Brunetti kennen, sei besonders schön. Schäfer fasziniert an Venedig vor allem „das Morbide, das Alte. In den dunklen Gässchen fängt die Fantasie an sich zu entwickeln“, verriet die Kelsterbacher Künstlerin.
Während ihres Aufenthalts 2013 habe es leider viel geregnet, weshalb sie nicht alle Bilder vor Ort erstellen konnte. „Es sind auch Bilder ins Wasser gefallen“, erzählte sie lachend.
Venedigbesucher empfiehlt sie, nicht nur den Stadtkern und die Touristenmeilen zu erkunden. Viele der kleinen umliegenden Insel seien unglaublich schön. Besichtigen sollte man auch das Dorsoduro-Viertel, die Gemüseinsel Sant’Erasmo und die Insel San Michele, auch „Friedhofsinsel“ genannt. Venedig und die italienische Mentalität seien ihr eine große Inspiration, so Schäfer.
Zu sehen ist die Venedig-Ausstellung noch bis Ende Mai im Stadtmuseum, Marktstraße 11. Öffnungszeiten sind immer sonntags von 14 bis 17 Uhr. (lsk)

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